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Böse Überraschung. Die neuen Policen enthalten vage Renditeprognosen und sind teuer.

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Altersvorsorge: Lebensversicherungen ohne Garantie

Allianz und Ergo bieten seit kurzem Lebensversicherungen ohne Garantiezins an. Verbraucherschützer raten ab.

Im Versicherungsgeschäft rechnet man nicht in Tagen oder Monaten, sondern in Jahren. Zumindest, wenn es um die Altersvorsorge geht. Klassische Lebensversicherungen laufen über 20 oder 30 Jahre, was sind da ein paar Wochen? Das dürfte sich auch Michael Diekmann denken. Der Chef der großen Allianz konnte kürzlich brillante Unternehmenszahlen präsentieren, nur bei einem Produkt halten sich die Verkaufszahlen bisher in Grenzen. Von der neuen Lebensversicherung „Perspektive“ habe man erst „ein paar Tausend Stück“ verkauft, musste Diekmann einräumen, für einen Konzern wie die Allianz sei das „unbedeutend“. Dennoch lässt sich der Allianz- Chef vom schwachen Start nicht unterkriegen. Er glaubt, dass dem neuen Produkt die Zukunft gehört.

An der Zukunft der Lebensversicherung hat man nicht nur bei der Allianz gebastelt, sondern auch beim Konkurrenten Ergo. Die Tüftelei hat zwei ganz unterschiedliche Produkte hervorgebracht, die aber in einem Punkt gleich sind. Beide Lebensversicherungen garantieren dem Kunden zwar den Erhalt der eingezahlten Beiträge bei Rentenbeginn, aber während der Ansparphase keine jährlich feste Verzinsung mehr. Noch nicht einmal den Garantiezins von mickerigen 1,75 Prozent bekommen die Versicherungsnehmer, die das Allianz-Produkt „Perspektive“ oder das Konkurrenzangebot „Ergo Rente Garantie“ kaufen.

Seit Juli sind beide Varianten auf dem Markt. Aber nicht nur bei der Allianz hält sich der Absatz bislang in Grenzen. Auch Ergo-Chef Torsten Oletzky kann sich bisher zwar erst über rund 2000 Anträge freuen, ist damit aber sehr zufrieden. Sowohl der Vertrieb als auch der Kunde bräuchten Zeit, um sich auf das neue Produkt einzustellen, heißt es bei der Ergo.

Allianz und Ergo reagieren mit ihren neuen Policen auf die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase an den Kapitalmärkten. Sichere Anlagen wie Bundesschatzbriefe werfen kaum etwas ab, riskantere Investments sind den Versicherern aber nur in engen Grenzen erlaubt, wenn sie ihren Kunden eine lebenslange Mindestverzinsung garantieren. Der Ausweg: Die Konzerne schlachten die heilige Kuh und verzichten auf die Garantie. Dadurch werden sie freier in der Kapitalanlage und können höhere Renditen erwirtschaften. Damit werben sie. Eine um 0,3 Prozent pro Jahr höhere Überschussbeteiligung stellt die Allianz ihren „Perspektive“-Kunden in Aussicht. Bei 30 Jahren Laufzeit sind das immerhin fünf Prozent mehr, betont Volker Schmidtke, Vorsorgeexperte der Verbraucherzentrale Berlin.

Dennoch raten Verbraucherschützer von der neuen Lebensversicherungsgeneration ab. Bei einem 30-Jahres-Vertrag lägen die Kosten bei der Allianz bei 16 Prozent, bei der Ergo sogar bei 18 Prozent, „das ist zu teuer“, sagt Schmidtke. Und auch die Beitragsgarantie ist weniger wert, als es scheint. „Die Beitragsgarantie gilt nur bei regulärem Vertragsende“, kritisiert Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Aber zwei von drei Lebensversicherungen erreichen die 30-jährige Ablaufzeit erst gar nicht.

Die Konkurrenz wartet daher erst einmal ab. Sowohl die Huk Coburg als auch die Aachen Münchener (AMV) halten noch an den etablierten Garantieprodukten fest. Aus gutem Grund: „Die Zinsgarantie ist ein Alleinstellungsmerkmal der Lebensversicherung“, warnt AMV-Chef Michael Westkamp.

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