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Die Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD).

© dpa/Britta Pedersen

Update

Altmaier kritisiert „Vorpreschen“: Schulze will Fliegen teurer machen

Fliegen könne nicht weniger kosten als Bahnfahren, findet die Umweltministerin. Wirtschaftsminister Altmaier will hingegen nicht über Einzelmaßnahmen sprechen.

Vor einer Sitzung des Klimakabinetts der Bundesregierung hat sich Umweltministerin Svenja Schulze dafür ausgesprochen, Fliegen teurer zu machen. „Ich bin der Meinung, dass auch der Flugverkehr die Kosten der Klimagasemissionen tragen und sich dies in den Flugpreisen abbilden muss“, sagte die SPD-Politikerin der „Rheinischen Post“. „Deshalb brauchen wir auch im Flugverkehr einen fairen CO2-Preis.

Ein europaweites Vorgehen wäre der beste Weg, sagte Schulze. Bis zu einer Einigung auf EU-Ebene könne Deutschland aber nicht warten. „Ich bin deshalb dafür, dass wir die deutsche Luftverkehrsabgabe in einem ersten Schritt erhöhen. Frankreich geht ja in die gleiche Richtung“, sagte Schulze. „Es kann nicht sein, dass auf bestimmten Strecken Fliegen weniger kostet als Bahnfahren.“

Frankreichs Regierung hatte angekündigt, ab 2020 eine Umweltsteuer auf Flugtickets zu erheben. Sie soll je nach Art des Tickets zwischen 1,50 und 18 Euro betragen. Die deutsche Luftverkehrssteuer wird seit 2011 mit Sätzen von aktuell 7,38 Euro bis 41,49 Euro erhoben. Sie spülte im vergangenen Jahr knapp 1,2 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erteilte Schulze eine Absage. „Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, über Einzelmaßnahmen zu diskutieren“, sagte Altmaier. Mit einem „Vorpreschen“ und einseitigen Positionierungen werde kein Beitrag dazu geleistet, dass eine Einigung in der Bundesregierung über ein Gesamtpaket für mehr Klimaschutz gelinge. Es sei aber notwendig, einen möglichst großen Konsens zu erzielen.

Verbraucher dürften nicht zusätzlich belastet werden

Altmaier wies auf die bestehende Luftverkehrsabgabe in Deutschland hin. Zu einem möglichen CO2-Preis im Verkehr sowie bei Gebäuden sagte der CDU-Politiker, es dürfe nicht zu einer Mehrbelastung für die Wirtschaft sowie für Verbraucher kommen. Die Strompreise in Deutschland seien bereits zu hoch. Eine Lösung bei der Frage einer CO2-Bepreisung müsse marktwirtschaftlich und technologieoffen sein. Ländliche Räume dürften nicht benachteiligt werden.

Schulze geht mit ihren Vorschlägen über das Klimaschutz-Konzept der SPD hinaus. Dort heißt es zu dem Thema: „Fliegen ist günstig, oftmals zu günstig. Es kann nicht sein, dass eine Bahnfahrt innerhalb Deutschlands teurer ist als ein Flug.“ Fliegen müsse einen angemessenen Preis erhalten. Dafür sei eine angemessene europaweite Bepreisung von Kerosin beziehungsweise eine europaweite Ticketsteuer nötig.

Das Klimakabinett der Bundesregierung kommt am Donnerstagabend zum dritten Mal zusammen. Bei den Beratungen der zuständigen Fachminister mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt in Berlin soll es um die bisher vorgelegten Maßnahmen der Ressorts für mehr Klimaschutz gehen. Deutschland muss mehr tun, um die Klimaziele 2030 zu erreichen.

Entscheidungen zum Klimaschutz erst im September

Daneben soll ein möglicher CO2-Preis Thema der Beratungen sein, der den Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehr und beim Heizen teurer machen könnte und in den Mittelpunkt der Debatte gerückt ist. Dazu liegen verschiedene Modelle auf dem Tisch. Entscheidungen darüber sowie über ein Gesamtpaket für mehr Klimaschutz sollen aber erst im September fallen.

In der vergangenen Woche hatten die „Wirtschaftsweisen“ der Bundesregierung empfohlen, einen CO2-Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen bei Verkehr und in Gebäuden einzuführen. Es müsse aber ein sozial ausgewogenes Konzept geben. Neben den „Wirtschaftsweisen“ hatten zahlreiche andere Institute Konzepte vorgelegt.

Hintergrund der Debatte ist, dass Deutschland im Klimaschutz zurzeit eigene und internationale Ziele verfehlt. In der zweiten Septemberhälfte will die Bundesregierung ein Paket festzurren, dass sicherstellt, dass wenigstens das Ziel für 2030 - nämlich 55 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 - sicher erreicht wird. Ein CO2-Preis ist dabei nur ein Baustein, könnte nach Einschätzung vieler Experten aber vor allem im Verkehr und beim Heizen etwas bewirken.

Preismodell für die klimazerstörende Emissionen

„Jeder Tag, an dem weiter kostenlos klimaschädliche Gase in die Luft gepustet werden können, ist ein schlechter Tag für den Schutz von Bürgerinnen und Bürgern“, sagte die Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum der Deutschen Presse-Agentur. Das Kabinett habe nun jede erdenkliche Meinung zur CO2-Bepreisung gehört. „Eines ist in der Debatte in jedem Fall klar geworden: Ein Preismodell für die klimazerstörende Emissionen muss kommen. Das ist auch ein deutlicher Erfolg der Klimaproteste in Deutschland und weltweit.“

Der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Wir verstehen, dass noch intensiv erörtert werden muss, wie das passende Modell für einen CO2-Preis aussehen kann.“ Aber für die Städte sei klar: „Ein Preis auf Kohlendioxid ist ein notwendiger Ansatz, um diesen Schadstoff zu reduzieren und so die Klimaziele schneller zu erreichen.“ Soziale Härten müssten dabei mit geeigneten Maßnahmen abgefedert werden.

Neben einer CO2-Bepreisung über höhere Energiesteuern ist auch eine Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf die Bereiche Verkehr und Gebäude in der Debatte. Dafür sprechen sich weite Teile der Union aus sowie die FDP. Der FDP-Klimapolitiker Lukas Köhler warnte vor einem nationalen Alleingang wie der Einführung einer CO2-Steuer. Diese wäre ein „gefährliches klimapolitisches Glücksspiel“, meint er.

Der Autofahrerclub ADAC warnte vor einer Mehrbelastung der Verbraucher. „Eine vorrangige politische Festlegung auf einen zusätzlichen CO2-Preis ohne leistungsfähige Mobilitätsalternativen führt nicht zum Ziel und könnte auf gesellschaftliche Akzeptanzprobleme stoßen.“ So müssten alternative Antriebe günstiger werden und der öffentliche Nahverkehr und die Bahn ausgebaut werden. (dpa)

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