zum Hauptinhalt
Früher gab's Bildchen und Schokolade - inzwischen haben fast alle Branchen und Marken Adventskalender im Sortiment.

© Patrick Pleul/dpa

Am Dienstag ist der 1. Dezember: Adventskalender sind ein Riesen-Geschäft

Vorfreude um jeden Preis: Am Dienstag ist der 1. Dezember. Letzte Chance also, einen Adventskalender zu kaufen. Die Industrie verdient daran Millionen.

Sie gehören zur Vorweihnachtszeit wie Lebkuchen, Kerzen, Stollen und Glühwein: Ein Adventskalender symbolisiert hierzulande traditionell die Vorfreude aufs Fest. Dass sich mit diesem Brauch auch vortrefflich Geld verdienen lässt, zeigt ein Blick in die Läden und ins Internet: Die Kundschaft wird in Supermärkten, bei Einzelhändlern und in Kaufhäusern geradezu überschüttet mit dem 24-türigen Weihnachtsklassiker – vom Netz ganz zu schweigen.

Während noch vor Jahrzehnten vor allem Kalender mit bunten Papierbildchen oder Vollmilchschokolade für Kinder den Markt dominierten, hat sich die Produktpalette in den vergangenen Jahren deutlich erweitert. Inzwischen mischt fast jede Branche beim Kalendergeschäft zur Weihnachtszeit mit. Ob klassisch mit Schokoladentäfelchen oder anderen Süßigkeiten gefüllt, mit Tee, 24 Weisheiten, Parfum, Rätseln, Weihnachtsbieren, Elektronikteilen, Spielzeug, Rezepten für den Thermomix oder Gourmetkatzenfutter – die Industrie lässt mittlerweile kaum ein Thema aus, um auch noch den allerletzten Kunden in der Adventszeit glücklich zu machen. Ähnlich groß wie das Angebot ist auch die Preisspanne: Sie reicht von wenigen Euro für den einfachen Schokoladenkalender beim Discounter über Markenkalender für zehn bis 50 Euro.

Auch Angebote für Erwachsene erobern den Markt

Die Industrie lässt sich die Vorfreude aufs Fest also teuer bezahlen – und die Deutschen kaufen dennoch, was das Zeug hält. Allein im vergangenen Jahr wechselten hierzulande 22 Millionen Adventskalender den Besitzer. Dieser Trend geht offenbar auch in diesem Jahr ungebrochen weiter: Der Bundesverband des Spielwareneinzelhandels meldet zweistellige Wachstumsraten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bereits im Oktober. Das Geschäft mit Adventskalendern ist also nicht nur gewachsen, sondern war in diesem Jahr bereits Monate vor dem Fest in vollem Gang; offenbar fürchten einige Käufer, dass ihr Wunschprodukt zu einem späteren Zeitpunkt vergriffen sein könnte.

„Ein Adventskalender erhöht den Spannungsbogen bis Weihnachten“, sagt Steffen Kahnt vom Bundesverband des Spielwareneinzelhandels (BVS). Die 24 Gaben vor dem Fest dürften aber besonders bei Kindern auch Begehrlichkeiten wecken: Wer schon vor Heiligabend jeden Tag ein kleines Geschenk bekommt, fordert an Weihnachten womöglich ähnliche Großzügigkeit von seinen Lieben. Wenngleich die Wirtschaft bei der Konzeption von Adventskalendern nicht mehr ausschließlich auf den Nachwuchs zielt, ist er doch nach wie vor eine wichtige Zielgruppe. Nach Schätzungen des Deutschen Verbandes des Spielwarenindustrie aus dem Jahr 2013 verdienten Spielwarenhersteller mit zwei Millionen verkauften Adventskalendern knapp 30 Millionen Euro. „Das Geschäft mit Adventskalendern hat sich in den vergangenen Jahren generell sehr positiv entwickelt“, sagt eine Sprecherin des fränkischen Spielwarenproduzenten Simba Dickie. Der Hersteller produziert unter anderem Spielzeugautos, Puppen und Puzzle.

Ein Playmobil-Kalender wird zwei Jahre lang entwickelt

Wie bei den Erwachsenen ist auch bei den Adventskalendern für Kinder das Angebot über die Jahre gewachsen. Dominiert wird der Markt von namhaften Markenproduzenten wie Playmobil, Lego, Brio, Ravensburger oder Schleich. Sie alle haben mittlerweile einen oder mehrere Adventskalender im Sortiment. Ihr Inhalt hat dabei nicht unbedingt etwas mit Weihnachten zu tun. Als erster Spielwarenhersteller hatte Playmobil vor knapp 20 Jahren die Sparte für sich entdeckt, 2004 zog Lego nach. In diesem Jahr bietet Playmobil sechs verschiedene Adventskalender an. Rund zwei Jahre nimmt ihre Entwicklung laut dem Zirndorfer Hersteller in Anspruch. Hinter jedem Türchen stecken eine Figur, Tiere oder Zubehörteile etwa zu den Themen Feuerwehr, Bauernhof oder Weihnachten. Bei Playmobil setzt man darauf, dass die Kinder den Inhalt des Kalenders auch über die Feiertage hinaus nutzen und in bereits vorhandene Spielwelten integrieren können.

Ein ähnliches Konzept verfolgen Produkte wie diverse Kalender von Ravensburger, die 24 Minibücher zum Vorlesen und Lesen enthalten. Der Kalender von „Wieso Weshalb Warum“ enthält 24 Büchlein mit Lerngeschichten über Pferde, Indianer, Fahrzeuge oder den Weltraum. Der Inhalt des „Pixi“-Kalenders umfasst dagegen 24 Anekdoten rund um Weihnachten und den Winter.

Einzeln wären die Teile oft günstiger

Nachhaltigkeit, die der Kunde teuer bezahlt: Zwischen 15 Euro und 40 Euro muss man für einen Markenspielzeugkalender mindestens auf den Tisch legen. Dabei ist der Inhalt nicht nur von Spielzeugadventskalendern insgesamt oft teurer, als die einzelnen Teile separat kosten. Nicht anders verhält verhält es sich, wenn sich hinter den 24 Türchen andere Produkte verbergen. Vor allem Adventskalender mit Süßwaren seien oft um ein Vielfaches teurer als ihre einzelnen Bestandteile, besagt eine Studie aus dem Jahr 2013. Ein fragwürdiges Geschäft, findet Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Für den gesamten Kalender zahlten Kunden demnach rund zehn Euro mehr als der Inhalt wert war. „Seitdem hat sich nicht viel getan“, sagt Valet. „Aber die Konsumenten sind an Weihnachten eben eher bereit, mehr auszugeben. Das wird natürlich kräftig ausgenutzt.“

Womöglich sind die Kunden aber auch noch aus einem anderen Grund bereit, fast jeden Preis für einen Adventskalender zu bezahlen: Den meisten mangelt es gerade vor Weihnachten an Zeit. Da greift man lieber zum vorgefertigten Industrieprodukt, als sich auch noch mit dem Bestücken von individuellen Adventskalendern zu belasten.

Den Tagesspiegel-Adventskalender finden Sie hier.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false