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Endkontrolle. 100 000 Euro oder mehr kostet ein Panamera aus Leipzig. Seit dem Frühjahr 2011 verkauft Porsche mehr Autos in China als in Deutschland. Foto: picture-allilance/dpa

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Wirtschaft: Am Limit

Porsche kommt mit der Produktion von Sportwagen nicht nach – das Werk in Leipzig wird ausgebaut

Berlin - Die Stimmung war selten so gut. Aber viel mehr geht nicht im Leipziger Werk des Sportwagenherstellers Porsche: „Wir produzieren hier schon seit Wochen an der Kammlinie“, berichtet Werkleiter Siegfried Bülow. „420 Autos pro Tag, das ist die Maximalkapazität.“ An den Bändern ist von Hektik wenig zu spüren. Anders auf der Chefetage: Geht nicht noch mehr? Diese Frage stellt sich das Management seit Wochen. Das Werk kann nicht so schnell produzieren, wie die Nachfrage nach den Luxusautos steigt. Siegfried Bülow weiß, was es heißt, auf ein Auto warten zu müssen: Vor 21 Jahren war er im damaligen Karl- Marx-Stadt Chef im Barkaswerk. Dann gelang ihm eine Karriere, die ihn nach Leipzig zu Porsche führte.

Die riesigen Cayenne-Geländewagen, die seit Inbetriebnahme im Jahr 2002 hier montiert werden, gleiten auf dem Montageband langsam, aber stetig voran – bis aus den zugelieferten Rohkarossen aus Bratislava, den Motoren aus Zuffenhausen und den notwendigen Komponenten ein fertiges Auto geworden ist.

Zwischendrin und am Ende der Linie schauen speziell geschulte Fachleute, ob die Spaltmaße auf den Millimeter stimmen und horchen mit geübtem Ohr, ob auf einer Rüttelpiste etwas klappert. Es klappert nichts, und auch in der folgenden Wasserkabine erweist sich der lange vorbestellte Porsche Panamera – die zweite in Leipzig gefertigte Baureihe – als makellos. Irgendwo auf der Welt wird ein glücklicher Porsche-Kunde 100 000 Euro oder mehr dafür bezahlen.

„Unsere Kunden warten derzeit länger, als es sein sollte, deshalb planen wir für 2012 die Einführung einer dritten Schicht“, sagt Werksleiter Bülow. Dann könnte die Tagesproduktion die Zahl von 500 Neuwagen leicht übersteigen – wenn die vielen Zulieferer mitziehen. Alle ächzen unter der Hochkonjunktur. „Das enorme Wachstum einzutakten, damit die vielen Tausend Teile zur richtigen Zeit am Montageband sind, das kostet uns derzeit die meiste Kraft“, sagt Bülow

Die Nachtschicht sollte eigentlich erst ein Jahr später eingeführt werden, wenn die dritte Porsche-Baureihe in Serie geht und der sächsische Ableger der schwäbischen Sportwagenschmiede ein „Vollwerk“ ist – mit neugebauter Lackiererei und Karosserierohbau. 280 Millionen Euro flossen bisher in die ersten beiden Ausbaustufen, gut 700 Mitarbeiter hat das Leipziger Werk jetzt. In zwei Jahren werden mehr als 1000 Beschäftigte dazugekommen sein, 500 Millionen Euro werden investiert. „Wir haben bereits mit den Stellenausschreibungen für das Führungspersonal und die Ingenieurstellen begonnen“, berichtet Porsche-Produktionsvorstand Wolfgang Leimgruber. Dass er das Personal findet, steht für Porsche zwar nicht in Frage. „Aber es ist schwieriger geworden, besonders im Ingenieurbereich“, räumt Leimgruber ein.

Das liegt auch daran, dass Sachsens Wirtschaft inzwischen stark auf die Automobil- und Zulieferer-Industrie konzentriert ist. In Chemnitz laufen VW-Motoren vom Band, in Zwickau die zugehörigen Volkswagen, in Dresden steht die Gläserne Manufaktur des Wolfsburger Konzerns. Dazu kommt ein zweites großes BMW-Werk im Norden von Leipzig, das derzeit gerade erweitert wird. Ebenfalls ab 2013 sollen hier die neu entwickelten Elektrofahrzeuge i3 und der i8 gebaut werden – auch beim Münchener Autohersteller laufen in Sachsen derzeit die Bänder trotz Sonderschichten heiß.

Porsche will seine Sportwagenproduktion bis 2018 auf mehr als 200 000 Neuwagen verdoppeln. Das Wachstum wird sich dabei vor allem auf Sachsen konzentrieren. Denn auch der neue, etwas kleinere Geländewagen Cajun soll in Leipzig produziert werden. Ob man dann wie Porsche noch von einer „Manufaktur“ sprechen kann, sei dahin gestellt.

Sicher ist, dass sich 2018 die wichtigsten Absatzmärkte für Porsche verändert haben werden. In China verkauft der Hersteller schon seit dem Frühjahr 2011 mehr als in Deutschland – Tendenz steigend. Produziert wird aber, da hat sich die Porsche-Chefetage jüngst mehrfach festgelegt, ausschließlich auf dem Heimatmarkt, natürlich mit Hilfe einer globalen Zulieferergemeinde.

Die mit der Bahn aus Bratislava und Hannover zugelieferten, fertig lackierten Karossen für den Cayenne und den Panamera könnten künftig auch gleich im neuen Karosseriewerk in Leipzig gebaut werden. Bisher liegt vor allem beim Cayenne die Fertigungstiefe bei nur gut zehn Prozent. „Made in Germany“, sagen Kritiker, kann man dazu eigentlich nicht mehr sagen.

Produktionsvorstand Wolfgang Leimgruber gibt sich auf Nachfrage, was im neuen Karosseriewerk gebaut werden könnte, wortkarg. „Wir planen den Neubau derzeit nur für den Cajun.“

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