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Wirtschaft: Amazon will wie Ebay werden

Der Online-Buchhändler erweitert sein Angebot und hat deswegen jetzt Ärger mit seinen Händlern

Von Nick Wingfield Lange Zeit war Ebay im Internethandel die unangefochtene Nummer eins. Schließlich können hier Händler und Privatleute alles verkaufen. Doch jetzt will der OnlineBuchhändler Amazon seinen ungeliebten Konkurrenten vom Spitzenplatz endgültig verdrängen.

Schon seit Jahren können Privatleute bei Amazon ihre gebrauchten und neuen Bücher, CDs und andere Produkte anbieten. Nun aber hat die Internet-Firma noch einmal nachgelegt: Klammheimlich erlaubt sie auch Händlern – natürlich gegen eine monatliche Gebühr – ihre Ware auf der Amazon-Internetseite anzubieten. Alles Produkte, die es bisher dort nicht zu kaufen gab. Und so kann man jetzt bei Amazon von handbemalten Keramikstühlen bis hin zu Miniatur-Motorrädern fast alles erstehen.

Mit diesem Angebot will Amazon Ebay ausstechen. Doch schon jetzt gibt es für Amazon mächtig Ärger bei dem Versuch, Einzelhändler und Privatanbieter unter einen Hut zu kriegen. So hat das Spielzeug-Unternehmen Toys-R-Us, früher einer der wichtigsten Amazon-Vertragspartner, vor einem Gericht in New Jersey im Mai eine Klage eingereicht. Der Online-Buchhändler hatte Toys-R-Us im Jahr 2000 vertraglich zugesichert, als einziger Anbieter Spielzeug, Spiele und Babyartikel über Amazon vertreiben zu dürfen. Diesen Vertrag habe Amazon nun verletzt, da auch kleineren Anbietern erlaubt werde, Produkte zum Kauf anzubieten, die sich mit dem Angebot von Toys-R-Us überschneiden. Der Spielwarenhändler will 4000 solcher Produkte von anderen Anbietern bei Amazon entdeckt haben und befürchtet, dass es zu weiteren Vertragsverletztungen kommen könnte. In der Klageschrift heißt es, Amazon habe Toys-R-Us gegenüber deutlich gemacht, dass das Online-Angebot noch weiter ausgebaut und künftig auch auf die monatlichen Gebühren verzichtet werden solle. Bisher hatten die Beschränkung auf bestimmte Produkte und die Gebührenzahlung verhindert, dass auch kleinere Anbieter ihre Produkte über Amazon vertrieben haben. Die geplanten Änderungen „werden den Kleinanbietern eine wesentlich größere Präsenz verschaffen als bisher“, sagt Greg Ahearn, Vizepräsident und Direktor von ToysR-Us.com. Amazon lehnt eine Stellungnahme ab, das Unternehmen will sich weder zu seiner Geschäftspolitik noch zu dem Rechtsstreit mit Toys-R–Us äußern.

Die Auseinandersetzungen jedenfalls machen deutlich, welche Probleme Amazon hat, seine Internetseiten für alle Anbieter – egal ob große Warenketten oder kleine Einzelhändler – zu öffnen. Denn Amazon hat vor allem in den Bereichen Kleidung, Sportartikel und Lebensmittel auf große Firmen wie Foot Locker und Dean & Deluca gesetzt. Für den Verkauf ihrer Artikel zahlen sie der Online-Firma eine saftige Provision, die schätzungsweise bei 10 bis 15 Prozent des Verkaufserlöses liegt.

Analysten rechnen damit, dass Amazon noch weitere Schwierigkeiten bekommen wird bei dem Vorhaben, trotz bestehender Verträge mit den Großhändlern, auch Kleinanbieter zuzulassen. „Amazon versucht, alles für jeden zu sein“, sagt Carrie Johnson, Analystin bei Forrester Research. „Der Rechtsstreit mit Toys-R-Us hat erstmals die Probleme dieses Geschäftsmodells deutlich gemacht“, sagt sie.

Ebay dagegen hat einheitliche Geschäftsbedingungen für alle Verkäufer, ganz unabhängig von ihrer Größe. Alle zahlen die gleichen Gebühren, niemand hat Exklusivrechte. Zwar haben Ebays Avancen an große Anbieter wie IBM und Walt Disney den kleineren Händlern zunächst Sorgen bereitet. Aber am Ende sind die großen Firmen beim größten Online-Auktionshaus nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Die Amazon-Pläne nimmt man bei Ebay gelassen. Über die Konkurrenz mache man sich keine Sorgen, ist dort zu hören.

Ohnehin ist noch unklar, ob die Kunden bei Amazon überhaupt nach der bunten Angebotspalette suchen werden, die viele mit Ebay verbinden. Alan MacRunnels, Inhaber der Incensio de Santa Fe in Albuquerque, New Mexico, sagt, er habe bislang kein einziges seiner Produkte über Amazon verkaufen können, seit er Mitte Mai dort Räuchermittel, Räucherstäbchen und Feuerholz angeboten habe. Dennoch sagt er, bringe er seine Produkte gerne mit einem Online-Händler wie Amazon in Verbindung. „Wir verkaufen nicht bei Ebay“, sagt er. „Da ist es wie auf einem Flohmarkt."

Die Texte wurden übersetzt und gekürzt von Karen Wientgen (Stammzellen), Svenja Weidenfeld (Amazon), Tina Specht (BSE), Matthias Petermann (Irak) und Christian Frobenius (Asien)

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