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Wirtschaft: Amerikanische Staaten einigen sich auf Freihandelszone

Freier Markt zwischen Patagonien und Alaska soll ab 2005 Wirklichkeit werdenVON ALEXANDER BUSCH (HB) SANTIAGO.Daß der jetzt zu Ende gegangene zweite Amerikagipfel vier Jahre nach dem in Miami im chilenischen Santiago stattfand, war symbolträchtig.

Freier Markt zwischen Patagonien und Alaska soll ab 2005 Wirklichkeit werdenVON ALEXANDER BUSCH (HB) SANTIAGO.Daß der jetzt zu Ende gegangene zweite Amerikagipfel vier Jahre nach dem in Miami im chilenischen Santiago stattfand, war symbolträchtig.Ausgerechnet in Chile, dessen Beitritt zur Nafta die US-Regierung immer wieder versprochen, dann aber innenpolitisch nicht durchsetzen konnte, war US-Präsident Clinton erneut mit leeren Händen und vollmundigen Versprechungen angetreten.Wie beim Streben des Andenstaates Chile in die Nafta so waren Clinton ohne eine Fast-track-Authority auch bei den Verhandlungen mit den lateinamerikanischen Staaten über eine allamerikanische Freihandelszone die Hände gebunden.Ohne die Ermächtigung der Regierung seitens des Kongresses, Handelsabkommen als Paket auszuhandeln, konnte Clinton die Anwesenden erneut nur um Geduld bitten. Diese politische Schwäche der größten Volkswirtschaft des Doppelkontinents prägt zunehmend die Verhandlungen über die Integration des amerikanischen Kontinents.Seit einem Jahr geben nicht mehr die USATon und Rhythmus beim Zusammenwachsen der 34 Staaten vor, was Clinton mit dem überraschenden Auftakt in Miami Ende 1994 gelungen war.Mit der Lancierung der griffigen Idee der "Freihandelszone von Alaska bis Patagonien im Jahr 2005" reduzierte Clinton den Integrationsprozeß auf reine Verhandlungen über Marktöffnung.Im Klartext: neue Märkte für US-Exporte.Ausgestattet mit der Fast-track hätte die US-Regierung, beginnend mit Chile, Land für Land Verhandlungen über einen Beitritt zur Nafta führen können. Doch das ist heute anders.Inzwischen geben immer mehr die südamerikanischen Staaten das Integrationstempo vor, und das bedeutet: Zölle und Handel sind nur ein Bereich des Zusammenwachsens.So geht es in der jetzt verabschiedeten "Erklärung von Santiago" in nur wenigen Abschnitten um die gesamtamerikanische Freihandelszone.Daneben wollen die Staaten, unterstützt von internationalen Banken, zusammenarbeiten bei Bildung, Justizreform, Drogen- und Armutsbekämpfung sowie Umweltschutz. Den Südamerikanern kommt die nordamerikanische Aktionslosigkeit gelegen.Die der Clinton-Administration auferlegte Handlungsschwäche bietet den Ökonomien im Süden des Kontinents eine Schonfrist bis zur endgültigen Marktöffnung.Außerdem machen sie sich regional stark: Vor allem der von Argentinien und Brasilien geführte Mercosur, aber auch die Andengemeinschaft (Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Peru und Venezuela) wollen durch weitere Integration ein größeres Gewicht gewinnen bei den Verhandlungen mit dem nördlichen Amerika über Normen, Zölle und Dumping. Die Südamerikaner waren auch in Santiago aktiv: Am Rande des Treffens in Santiago formalisierte der Mercosur mit der Andengemeinschaft und dem gemeinsamen Markt in Zentralamerika (Guatemala, Honduras, El Salvador, Nicaragua, Costa Rica) in Rahmenabkommen weitere Annäherungsschritte.Die Verdreifachung des Anteils des Mercosurs an der gesamtamerikanischen Wirtschaftsleistung auf zwölf Prozent seit 1994 verdeutlicht die Dynamik des Integrationsprozesses.Der Anteil der USA fiel dagegen von 86 auf 76 Prozent. Doch falsch liegt, wer wegen des mangelnden Durchsetzungsvermögens der USA der Free Trade Area of the Americas (FTAA) wenig Zukunftschancen einräumt.Bei allen Meinungsverschiedenheiten wird leicht vergessen: Den Weg zur Freihandelszone haben die Staaten in Santiago detailliert bis 2005 markiert nicht anders, wie es Clinton in Miami forderte, auch wenn er den freien Handel lieber heute als morgen durchgesetzt hätte.Bereits in diesem Jahr beginnen die Staaten in neun Gruppen mit den Verhandlungen.Bis 2005 sind Zeitplan und Zuständigkeiten mit rotierenden Vorsitzenden und Präsidenten festgelegt.Bis 2000, so prognostizierten Diplomaten in Santiago, werden die Verhandlungen vor allem über Handelserleichterungen geführt essentiell für den Kontinent, der erst seit wenigen Jahren einen nennenswerten regionalen Handel betreibt.Ab 2000 soll es dann zur Sache gehen. Auch wenn Clinton die Fast-track in den zwei Jahren seiner Amtszeit nicht mehr erhält und die FTAA-Verhandlungen ihren Schwung verlieren: Die wirtschaftliche Integration in Südamerika ist nicht aufzuhalten: Der Handel in Mercosur, Andengemeinschaft und dem gemeinsamen Markt in Zentralamerika wächst stark. Für die Europäer ist dies von entscheidender Bedeutung: Sie müssen in Lateinamerika am Ball bleiben.Immerhin sind sie heute der bedeutendste Handelspartner und seit kurzem auch der aktivste Investor im Mercosur vor den USA.Mit dem Mercosur ist eine Freihandelszone geplant.Derzeit analysiert eine EU-Expertengruppe den Stand der biregionalen Beziehungen.Bereits Ende Juni könnte die EU-Kommission das Mandat für die Verhandlungen über eine Freihandelszone zwischen EU und Mercosur erteilen.Wichtige Impulse für die transatlantischen Beziehungen dürfte der EU-Lateinamerika-Gipfel in Rio de Janeiro Anfang 1999 unter deutschem Ratsvorsitz bringen.

ALEXANDER BUSCH (HB)

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