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Wirtschaft: Analysten erwarten ein gutes Börsenjahr 2002

Nach dem Kursdebakel der vergangenen Monate ist die Aktie nach Einschätzung von Anlagestrategen wieder auf dem Vormarsch. Mehrere große Bankhäuser haben ihren Optimismus für die europäischen Aktienmärkte bekundet.

Nach dem Kursdebakel der vergangenen Monate ist die Aktie nach Einschätzung von Anlagestrategen wieder auf dem Vormarsch. Mehrere große Bankhäuser haben ihren Optimismus für die europäischen Aktienmärkte bekundet. Bernd von Winter, Leiter Aktienstrategie im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank, räumt den deutschen und europäischen Standardwerten auf Sicht der kommenden zwölf Monate ein Kurspotenzial von 10 bis 15 Prozent ein. Etwas weniger euphorisch, aber ebenfalls optimistisch zeigte sich Richard Turnill, Chefvolkswirt bei Merrill Lynch Investment Managers: Er geht von einem Wachstumspotenzial von acht bis neun Prozent aus. Auch wenn dies nicht an die Renditen der neunziger Jahre anknüpfen würde, sind sich die Experten einig: Im kommenden Jahr werden sich mit Aktien höhere Gewinne erzielen lassen als mit Anleihen oder am Geldmarkt.

"Der positive Trend wird jedoch von einer bislang nicht gekannten Volatilität in den einzelnen Werten überlagert werden", prophezeit Kai Franke, Leiter der Anlagestrategie im Privatkundengeschäft der BHF Bank. Deshalb sei die richtige Auswahl und das richtige Timing beim Aktienkauf künftig noch wichtiger: "Die Aktien zu kaufen und hinzulegen ist auch für Privatanleger nicht mehr die richtige Strategie." Joachim Fels, Chefvolkswirt von Morgan Stanley in London, glaubt, dass die ersten Monate des neuen Jahres den Anlegern Freude an den Aktienmärkten bereiten werden. Bis zum Jahresende billigt er den Aktienmärkten jedoch lediglich ein Plus von fünf bis acht Prozent zu. Wie seine Kollegen der anderen Bankhäuser geht er davon aus, dass die derzeitige Erholung an den Aktienmärkten vornehmlich liquiditätsgetrieben ist. Sie werde voraussichtlich noch einige Zeit andauern und die Aktienmärkte noch um 10 bis 15 Prozent in die Höhe treiben. Im Frühjahr werde der Markt jedoch drehen, weil die Börsen der Entwicklung der Realwirtschaft mittlerweile zu weit voraus geeilt seien.

Sowohl Turnill als auch von Winter zeigten sich dagegen optimistisch, dass die Konjunktur in den USA und in der Eurozone im zweiten Halbjahr kommenden Jahres anziehen wird. Laut von Winter bilden die weltweit sinkenden Zinsen und der Abbau von Überkapazitäten bei den Unternehmen die Basis für den Aufschwung. Unterstützend wirkten auch die gesunkenen Öl- und Rohstoffpreise, die Unternehmen und Verbraucher entlasteten. Als treibende Kräfte für die Aktienmärkte im kommenden Jahr nannte Turnill die hohe Liquidität nach den gesunkenen Zinsen, die attraktive Bewertung von Aktien im Verhältnis zu Anleihen und die wieder steigenden Gewinnaussichten der Unternehmen. Franke räumte ein, dass sich der Konjunktur-Optimismus bislang nur auf Stimmungsindikatoren stützt. Der Aktienmarkt habe jedoch gerade in den vergangenen Wochen "Nehmerqualitäten" bewiesen und eine Vielzahl von negativen Wirtschaftsmeldungen problemlos weggesteckt. Nach dem Ausverkauf vom 21. September, an dem die Aktienkurse bei extrem hohen Umsätzen auf breiter Front eingebrochen waren, habe sich offenbar ein Paradigmenwechsel vollzogen. Dementsprechend seien in den kommenden Monaten nicht die defensiven Titel aus dem Pharma-, Nahrungsmittel- und Versorger-Bereich, sondern die zuletzt besonders unter Druck geratenen Sektoren wie die Technologie und die Telekommunikation vielversprechend. Turnill bevorzugt Zykliker. Er stellt außer den Telekommunikationswerten auch den Mediensektor in den Mittelpunkt seiner Aktienstrategie. Sie seien von der Bewertung her attraktiver als die Technologieaktien.

Die Anlagestrategen von BHF und Deutscher Bank setzen einen Schwerpunkt auf die europäischen Aktienmärkte. Auf der Empfehlungsliste der Deutschen Bank finden sich unter anderem die Allianz, Hypo-Vereinsbank und Münchener Rück. Die BHF Bank, die zwar zum Untergewichten des zinssensitiven Sektors rät, hält hier neben der Deutschen Bank auch die Hypo-Vereinsbank und UBS für die Branchenfavoriten des kommenden Jahres. Im Technologiebereich gilt beiden Siemens als empfehlenswert. Neue Produkte und Kosteneinsparungen werden von Winter zufolge auf Jahressicht zu einer positiven Entwicklung der Technologiewerte führen. Medienwerte dürften bei zunehmendem Konjunkturoptimismus auch von einer Erholung des Werbemarktes profitieren. Auch das hohe Ertragspotenzial neuer Medien wie Internet und DVD spreche für die Medientitel.

Für den Rentenmarkt sagen die meisten Experten eine Kurvenverflachung im kommenden Jahr voraus. Die Experten der BHF Bank raten angesichts des niedrigen Zinsniveaus und der relativ steilen Zinsstrukturkurve zu Gewinnmitnahmen im Bereich der Langläufer und Umschichtungen in kürzere und mittlere Laufzeiten.

pga, pot, ant, HB

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