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Adidas lässt seine Produkte seit vielen Jahren in China herstellen - hier ein Bild aus dem Jahr 2004.

© dpa

Angeblicher Boykottaufruf gegen Großfirmen: Adidas attackiert Entwicklungsminister Gerd Müller

15 Cent für ein Deutschlandtrikot: Ein deutscher Minister kritisiert Adidas und andere Unternehmen für ihre Produktionsmethoden. Die Konzerne reagieren pikiert - und das Ministerium rudert zurück.

Von Hans Monath

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat sich mit kritischen Bemerkungen über Ölförderung in Nigeria und über die globale Textilindustrie Ärger mit den Firmen Shell und Adidas eingehandelt. Während einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer Berlin hatte Müller laut „FAZ“ erklärt: „Wenn Sie in das Nigerdelta gehen und dort den Standard der Ölförderung sehen, würde keiner von Ihnen an der Tankstelle der Ölfirma, die dort fördert, tanken.“ Es sei inakzeptabel, dass dort zulasten der Natur für unseren Wohlstand gewirtschaftet werde.

Shell ist wichtigster ausländischer Partner bei der Ölförderung in dem Land. Zudem kritisierte Müller, dass Näherinnen in Bangladesch nur 15 Cent für das Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bekämen, das 84 Euro koste. Das Trikot produziert der Sportartikelhersteller Adidas. Der Bericht trug die Überschrift „Entwicklungsminister will Shell und Adidas boykottieren“.

"Der Minister hat sich nicht detailliert informiert"

Adidas reagierte scharf auf den Artikel. Die Firma fordere den Minister auf, „Abstand von diesen faktisch falschen Vorwürfen zu nehmen“, sagte eine Sprecherin. Adidas beziehe die Nationaltrikots aus China und nicht aus Bangladesch. Leider habe der Minister „sich nicht detailliert genug über unsere Beschaffungsaktivitäten informiert und auch keinen unserer Zulieferbetriebe selbst besucht“.

Eine Sprecherin von Shell Deutschland sagte, die Firma bedauere, dass der Minister während seiner Nigeria-Reise nicht das Gespräch mit Shell Nigeria und damit nicht die Information aus erster Hand gesucht habe. Shell Nigeria dokumentiere und beseitige alle Austritte von Öl aus seinen Anlagen. Die meisten Austritte seien zudem auf Sabotage oder kriminelle Handlungen zurückzuführen.

Das Entwicklungsministerium bemühte sich, die Aussagen Müllers zu relativieren. „Der Minister hat keineswegs zum Boykott aufgerufen“, sagte dessen Sprecherin Petra Diroll. Das Ministerium sehe „mit Respekt und hoher Anerkennung“, dass Unternehmen wie Adidas an dem von Müller initiierten Runden Tisch Textil mitarbeiteten. Der Minister will so ein Textilsiegel der Wirtschaft auf freiwilliger Basis voranbringen.

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