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Angehörige: Wenn die Familie pflegt

Wird ein naher Verwandter zum Pflegefall, ist es für viele Menschen selbstverständlich, ihn selbst zu betreuen. Für die Angehörigen bedeutet die Pflege jedoch meist auch eine hohe Belastung.

Von Carla Neuhaus

Wird ein naher Verwandter zum Pflegefall, ist es für viele Menschen selbstverständlich, ihn selbst zu betreuen. Für die Angehörigen bedeutet die Pflege jedoch meist auch eine hohe Belastung. „Vor allem wenn der Pflegefall sehr plötzlich eintritt, sind die Betroffenen oft überfordert“, sagt Frank Schumann von der Fachstelle für pflegende Angehörige bei der Diakonie Berlin-Mitte.

Hilfe bekommen Betroffene zum Beispiel bei den Pflegestützpunkten, die Kommunen und Pflegekassen gemeinsam eingerichtet haben. Allein in Berlin gibt es derzeit 26 dieser Beratungsstellen, weitere zehn sollen noch in diesem Jahr dazukommen. In den Stützpunkten beantworten Sozial- und Pflegeberater kostenlos die Fragen von Angehörigen und Pflegebedürftigen. Bei Bedarf machen sie auch Hausbesuche. „Geklärt wird in einem solchen Gespräch zum Beispiel auch, wie die Angehörigen bei der Pflege entlastet werden können“, sagt Andreas Manthey vom Steuerungsgremium der Berliner Pflegestützpunkte. „Denn es bringt nichts, wenn die Helfer letztlich selbst zum Pflegefall werden.“ Der Berater kann zum Beispiel dabei helfen, einen ehrenamtlichen Besuchsdienst oder eine stundenweise Pflegehilfe zu finden.

„Sinnvoll ist es für die Angehörigen auch, an einem Pflegekurs teilzunehmen“, sagt Petra Greiner, Pflegefachberaterin bei der Caritas Berlin. Solche Kurse werden in Berlin von verschiedenen Pflege- und Sozialeinrichtungen angeboten. „Dabei lernen die Angehörigen zum Beispiel, wie sie jemanden richtig hochheben, ohne ihren Rücken zu stark zu belasten“, sagt Greiner. Die Kosten für einen solchen Kurs trägt die Pflegekasse. Allerdings erst dann, wenn der Medizinische Dienst die Pflegebedürftigkeit attestiert hat. Wird der pflegende Angehörige einmal selber krank oder möchte Urlaub machen, finanziert die Pflegeversicherung eine Ersatzpflegekraft. „Das gilt aber nur, wenn die Person bereits mindestens sechs Monate gepflegt hat“, sagt Jens Kaffenberger, stellvertretender Bundesvorsitzender des Sozialverbands VdK. Für bis zu vier Wochen zahlt die Pflegekasse maximal 1510 Euro im Jahr – 2012 steigt die Zahlung auf 1550. Bei Bedarf kann sie auch stundenweise in Anspruch genommen werden.

Damit Angehörige sich die Pflege finanziell leisten können, soll es in Deutschland künftig die Familienpflegezeit geben. Durch sie können Berufstätige ab nächstem Jahr ihre Arbeitszeit für maximal zwei Jahre bis auf 15 Stunden die Woche reduzieren und bekommen trotzdem noch 75 Prozent ihres Gehalts. Ist die Pflegezeit vorbei und arbeiten sie wieder voll, bleibt es so lange bei dem reduzierten Gehalt, bis das Zeitkonto wieder ausgeglichen ist. Das Kabinett hat das Gesetz zur Familienpflegezeit bereits abgesegnet, die Abstimmung im Bundestag steht noch aus. Sozialverbänden geht das neue Gesetz jedoch nicht weit genug. Jens Kaffenberger vom Sozialverband VdK kritisiert, dass der Arbeitgeber der Pflegezeit zustimmen muss. „Es ist ein Fehler, dass die Angehörigen keinen Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit haben“, sagt er.Carla Neuhaus

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