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Angeschlagener Autobauer: Standort-Poker bei Opel

Schließt Magna Werke, verweigern die Arbeitnehmer ihren Sanierungsbeitrag. Und die Bundesregierung sucht Geldgeber in Europa.

Berlin/Brüssel - Ja zu Arbeitsplatzabbau und Lohnkürzung, nein zur Werkschließung – mit dieser Strategie gehen die Arbeitnehmer in die zweite Woche der Verhandlungen über die Zukunft von Opel. Hauptstreitpunkt ist das Astra-Werk in Antwerpen, das nach Einschätzung der bisherigen Opel-Mutter General Motors geschlossen werden soll. Das Magna-Konsortium als neuer Mehrheitseigentümer will zumindest die Rettung des Werks prüfen. Betriebsräte und Gewerkschafter verlangen indes verlässliche Verabredungen, bevor mit Lohnverzicht in dreistelliger Millionenhöhe ein Beitrag der Belegschaft geleistet wird. „Wir werden so verhandeln, dass harte Zusagen von Magna bei uns harte Zusagen und weiche Zusagen weiche Zusagen auslösen“, sagte Armin Schild, der als IGMetall-Chef von Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen im Opel-Aufsichtsrat sitzt, dem Tagesspiegel.

Mit der Drohung, Werke zu schließen, „hat GM seine Tochter Opel in den vergangenen Jahren nahezu ruiniert“, sagte Schild. VW dagegen, wo aufgrund der Unternehmenskultur mit einer ausgeprägten Mitbestimmung eine Werkschließung undenkbar sei, „steht bärenstark da“. Schild strebt „ein neues Konzept für New Opel an, mit dem alle Fabriken wirtschaftlich betrieben werden können. „Wer das nicht begreift, der eröffnet einen Standortpoker, mit dem das Unternehmen wieder Richtung Abgrund gefahren wird“, sagte er. Dabei gebe es jetzt die „Riesenchance, ein neues Unternehmen zu gründen“.

Trotz der Überkapazitäten, die in der westdeutschen Autoindustrie auf 30 Prozent geschätzt werden, könnte auch Antwerpen eine Perspektive haben, wenn der kleine Geländewagen, den GM eigentlich in China bauen will, auch in Belgien vom Band liefe. „Opel hat in den vergangenen Jahren eine Nische nach der anderen aufgegeben“, klagte Schild, und sieht nun im Umkehrschluss durch die Erweiterung der Produktpalette eine Perspektive für alle fünf außerhalb Deutschlands gelegenen Opel- oder Vauxhall-Werke. „Jedes Werk ist produktiv, es kommt darauf an, was man aus dem Werk macht“, sagte der Aufsichtsrat. Wenn Antwerpen auf diesem Wege gerettet werden könnte, würde sich womöglich auch der belgische Staat an Hilfen beteiligen.

Der Beitrag der übrigen „Opel-Länder“ Polen, Spanien und Großbritannien ist weiter offen. Als Geldgeber wird Deutschland wohl allein bleiben. Bisher hat noch kein anderes Land, in dem Opel Autos produziert, seine Bereitschaft erkennen lassen, sich an den staatlichen Krediten und Bürgschaften von 4,5 Milliarden Euro zu beteiligen. Die Bundesregierung setzt dennoch weiter auf eine solche europäische Lösung. Notgedrungen, verlangt doch die EU-Kommission derweil umfassende Auskunft über die Hintergründe des Deals mit Magna und seinen russischen Partnern.

In einem sechsseitigen Fragenkatalog an die Bundesregierung verlangt die Kommission offenbar umfangreiche Informationen. Besonders kritisch beurteilt sie die frühzeitige Entscheidung in Berlin für Magna und damit gegen den Finanzinvestor RHJ – obwohl dieser weniger Staatshilfe in Anspruch genommen hätte.

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