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Wirtschaft: Angriff auf Ralph Lauren

Der Hemdenhersteller PVH übernimmt Calvin Klein und will es mit den großen Modehäusern aufnehmen

Von Sally Beatty

und Teri Agins

Seit einer Woche ist es amtlich: Der Hemdenhersteller Phillips-Van Heusen (PVH) soll das Modehaus Calvin Klein samt seinem Designer-Studio und den dazu gehörenden Handelsmarken erwerben. Der Einkauf würde PVH in die Liga der größten amerikanischen Modedesign-Häuser katapultieren. Doch wird es Bruce Klatsky, dem CEO des Hemdenmachers, gelingen, aus Calvin Klein einen neuen Ralph Lauren zu stricken? Klatsky scheint jedenfalls davon überzeugt, die altehrwürdige Hemdenschneiderei PVH mit Hilfe von Calvin Klein in ein vielseitiges Kleidungshaus verwandeln zu können, das es auch mit den größeren Modeimperien aufnehmen kann. Schließlich stimmte er in einen Deal ein, der dem 60-jährigen Calvin Klein und seinem gleichaltrigen Geschäftspartner Barry Schwarz 400 Millionen Dollar in bar und Aktienpakete im Wert von weiteren 30 Millionen beschert. Ferner sollen die beiden Verkäufer über einen längeren Zeitraum Lizenzgebühren von bis zu 300 Millionen Dollar kassieren.

Mit dem neuen Label in der Hand plant Klatsky innerhalb der kommenden zwei Jahre den Start einer sportlichen Herren-Mode-Reihe im mittleren Preissegment und will mit anderen Produzenten über die Herstellung einer Damen-Freizeitkollektion verhandeln. In den nächsten fünf Jahren soll dadurch ein zusätzliches Umsatzpotenzial von einer Milliarde Dollar erschlossen werden. „Wir wollten eine herausragende Marke kaufen, und das ist uns gelungen“, sagt Klatsky. Die Design-Abteilung und die Vertriebsorganisation von Calvin Klein will er als eigenständige Einheiten erhalten. Außerdem soll Herr Klein sehr eng mit dem PVH-Management zusammenarbeiten, damit die Integrität der Marke erhalten bleibt.

Modemacher Calvin Klein, der sein Unternehmen nie selbst an die Börse bringen wollte, verspricht sich von dem Verkauf die Möglichkeit einer „wahren Expansion“. Gesichert durch eine beachtliche wirtschaftliche Beteiligung am gemeinschaftlichen Vorhaben, sagt Klein: „Ich habe dazu eine emotionale Bindung. Mein ganzes Leben habe ich in das Geschäft gesteckt und jetzt will ich Bruce und seinem Team helfen.“

Der 54-jährige CEO Klatsky hat bei Phillips-Van Heusen vor 29 Jahren klein angefangen. Als Auszubildender in der Verkaufsabteilung lernte er früh, die Einkäufer des Einzelhandels zu überzeugen. Seit er 1993 an die Spitze des Unternehmens trat, senkte er die Ausgaben durch ein Zurückfahren der Factory-Outlet-Sparte, den Ausstieg aus den schlecht verkäuflichen Sweatshirt-Produkten und durch die Verlagerung der Produktion ins Ausland. Die Behandlung der ausländischen Arbeiter brachte ihn gelegentlich in die Schlagzeilen. In Guatemala wollte er 1997 Verhandlungen mit einer örtlichen Gewerkschaft platzen lassen, die in einem PVH-Werk eine Organisation aufbauen wollte. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte die Entscheidung und Klatsky lenkte schließlich ein.

Inzwischen beherrscht PVH den Markt für Herrenhemden und versucht verstärkt in den Bereich Freizeitkleidung vorzudringen, zum Beispiel durch Marken wie Izod. Außerdem gehört PVH der Schuhfabrikant G.H. Bass, und das Haus schneidert die Hemden für Geoffrey Beene, DKNY, Kenneth Cole und auch Calvin Klein. Doch nun steht CEO Klatsky, der Enkel eines in die USA eingewanderten russischen Schneiders, vor seinem bislang größten Coup. Er muss dem Wachstum seines Unternehmens auf die Sprünge helfen, und das ohne die direkte Kontrolle über manche lukrative Calvin-Klein-Sparte: Die Bereiche Parfüm, Jeans und Unterwäsche sind in den Händen von Lizenznehmern.

Fragt man Branchenkenner, worauf sich Phillips-Van Heusen jetzt einzustellen hat, verweisen sie auf die Strategie des langjährigen PVH-Rivalen Ralph Lauren. Dessen Unternehmen ging an die Börse, holte erfahrene Direktoren von außen in die Management-Spitze und sicherte sich die Kontrolle über die verstreuten Aktivitäten der Lizenznehmer, indem man sie in das Haupthaus integrierte. So wuchs die Marktkapitalisierung des Modehauses auf 3,2 Milliarden Dollar. Auch hielt sich das Ralph-Lauren-Papier, seit es 1997 für 27 Dollar an die Börse ging, stabiler als manch andere Mode-Aktie. Am Freitag ging sie bei gut 22 Dollar aus dem New Yorker Handel.

Calvin Klein hatte es schwerer. Bereits vor drei Jahren suchte man vergeblich nach einem Käufer. Hinzu kamen Auseinandersetzungen mit dem größten Lizenznehmer Warnaco, der Calvin Kleins Jeansprodukte und die Calvin-Klein-Unterwäsche produziert. Warnaco ist nicht an dem Übernahmegeschäft mit PVH beteiligt und stellte im Juni 2001 Antrag auf Gläubigerschutz. Vermutlich wird das Unternehmen aus dem Konkursverfahren als börsennotierte Gesellschaft hervorgehen.

Ralph Lauren führt bei den Marken

Auch die Parfüm-Sparte Calvin Klein, für die Unilever die Lizenz hält, ist nicht Gegenstand der Übernahme durch PVH. Was CEO Klatsky bleibt, ist die Marke Calvin Klein, die hochpreisige Damenkollektion CK und eine Handvoll Calvin-Klein-Geschäfte, darunter Filialen in Manhatten, Dallas und Europa. „Die Chance besteht darin, Calvin Klein mit seinen relativ bescheidenen Verkaufszahlen zu einer Millarden-Dollar-Marke zu machen“, sagt David Lamer, Partner der Finanzberatung Joshua Town Advisors, die sich auf die Modeindustrie spezialisiert hat. Die größten Marken sind derzeit Ralph Lauren und Tommy Hilfiger. Will Calvin Klein so weit oben mitspielen, müssen beträchtliche Investitionen fließen. Einen Großteil der Finanzierung wird die New Yorker Beteiligungsgesellschaft Apax Partner übernehmen, die 250 Millionen Dollar in neue PVH-Aktien investieren soll und weitere 125 Millionen durch einen zweijährigen Kredit vorschießt. Indem man sich mit Calvin Klein verstärkt, will Phillips-Van Heusen auch den Gewinn pro Aktie beflügeln. Bereits ab 2004 soll der auf jede Aktie entfallende Gewinn jährlich um 15 bis 20 Prozent wachsen.

Sally Beatty, Teri Agins

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