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Wirtschaft: Angriff aus der zweiten Reihe

Nach der Übernahme könnte Merck Schering zerschlagen / Deutsche Pharmabranche global abgehängt

Düsseldorf - Mit der Fusion von Merck und Schering würde ein neuer deutscher Pharma-Champion entstehen, der auf einen Jahresumsatz von mehr als elf Milliarden Euro käme. Das wäre größer als Bayer und Boehringer Ingelheim, die zurzeit die ersten beiden Plätze einnehmen. Doch der Gigant könnte eine kurze Lebensdauer haben.

Nach Meinung von Analysten deutet einiges darauf hin, dass Merck nach einer erfolgreichen Übernahme den Schering-Konzern zerschlagen könnte. „Richtig überzeugende Argumente für eine erfolgreiche Übernahmestory drängen sich nicht auf“, sagte Pharma-Analyst Marcus Konstanti vom Bankhaus Sal. Oppenheim dem Tagesspiegel. „Der Preis erscheint nicht gerade günstig und die Überschneidungen zwischen beiden Unternehmen sind gering.“ Die Frage sei, was Merck mit dem Konzern vorhabe. „Am Ende könnte möglicherweise die Zerschlagung stehen“, sagte Konstanti.

Sollte die Übernahme durch Merck gelingen, wäre das der größte Zusammenschluss in der deutschen Pharmabranche seit dem Zusammenschluss von Hoechst und Rhône-Poulenc zu Aventis im Jahre 1999. Auf dem Weltmarkt sind seit Mitte der 90er Jahre durch Übernahmen und Fusionen unterdessen Pharma-Giganten entstanden, die die deutschen Unternehmen entweder abgehängt oder einfach geschluckt haben. Heute gehört kein deutsches Unternehmen mehr zu den ersten zehn der Branche. Die „Apotheke der Welt“, wie man Deutschland früher ehrfurchtsvoll nannte, scheint mittlerweile zum Drogerie-Regal geschrumpft zu sein. Trotzdem zählt die Pharma-Industrie noch zu den wichtigsten deutschen Branchen.

Das beste Beispiel ist das Schicksal des einstigen Aushängeschilds des deutschen Pharmastandortes Hoechst. 1999 taten sich die Frankfurter noch freiwillig mit dem französischen Konkurrenten Rhône-Poulenc zusammen. Der neue Konzern, Aventis, konnte international zwar oben mitspielen, wurde aber selbst zum Übernahmeopfer: 2004 wurde er von der französischen Firma Sanofi übernommen. Sanofi-Aventis ist heute die Nummer drei im internationalen Geschäft. Vor ihr liegt der US-Pfizer-Konzern, der sich durch eine ganze Reihe von Zukäufen an die Spitze des Marktes katapultiert hat. Unter anderem verleibten sich die Amerikaner die italienischen Konkurrenten Pharmacia und den amerikanischen Hersteller Warner-Lambert ein.

Auch die heutige Nummer zwei, die britische Glaxo-Smithkline, ist durch eine Fusion entstanden: Im Jahr 2000 taten sich die Unternehmen Glaxo Wellcome und Smithkline Beecham zusammen. In der Schweiz schuf man schon vor zehn Jahren einen nationalen Pharma-Champion: Damals fusionierten Ciba-Geigy und Sandoz zu Novartis. Im vergangen Jahr stärkte Novartis seine Position durch den Kauf des deutschen Generika-Herstellers Hexal.

Ziel der Übernahmen ist es, durch Ausweitung des Weltmarktanteils Absatzmacht aufzubauen. Hinzu kommen die besonderen Probleme der Pharma-Branche: die lange und teure Forschung- und Entwick neuer Medikamente. Die Hoffnung ist, dass Großkonzerne Forschungsrisiken leichter schultern und Rückschläge finanziell besser wegstecken können.

Mit Boehringer Mannheim, Hoechst, Asta Medica, Hexal und der Pharma-Sparte von BASF wechselten in den vergangenen zehn Jahren fünf große deutsche Arzneihersteller in den Besitz ausländischer Konzerne. Bald könnte ein weiterer hinzukommen: Die Bad Homburger Altana, weltweit an Position 40 in der Branche, sucht gerade nach einem Käufer für ihre Pharma-Sparte.

Stefan Kaiser

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