zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Angst vor britischen Verhältnissen - Die Betriebe fürchten den Ausverkauf

Bei den Betrieben des öffentlichen Nahverkehrs herrscht Unruhe. Seit bekannt wurde, dass die Europäische Kommission in Brüssel an einer neuen Liberalisierungsrichtlinie bastelt, wonach Kommunen und Regionen ihre Nahverkehrsleistungen alle fünf Jahre neu ausschreiben müssen, stehen bei den Betrieben und Gewerkschaften die Zeichen auf Sturm.

Bei den Betrieben des öffentlichen Nahverkehrs herrscht Unruhe. Seit bekannt wurde, dass die Europäische Kommission in Brüssel an einer neuen Liberalisierungsrichtlinie bastelt, wonach Kommunen und Regionen ihre Nahverkehrsleistungen alle fünf Jahre neu ausschreiben müssen, stehen bei den Betrieben und Gewerkschaften die Zeichen auf Sturm. Einen "gnadenlosen Konkurrenzkampf über Löhne und Gehälter" befürchtet die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV). Sollten private Anbieter aus Frankreich oder Großbritannien demnächst in großer Zahl auf den deutschen Markt drängen, drohe ein "hemmungsloser Verdrängungswettbewerb", dem auch die Qualität zum Opfer fallen würde. Das Angstwort von "britischen Verhältnissen" geht um.

Klaus-J. Meyer von der internationalen Union der Nahverkehrsunternehmen (UITP) hält dies für überzogen. Nach der Öffnung bei Telefon und Strom sei der öffentliche Nahverkehr einer der letzten Bereiche, in denen es noch regionale Monopole gebe. "Die Liberalisierung wird kommen. Es wäre besser, sich darauf einzustellen, als sich dagegen zu wehren", sagte er bei einem Hearing der Gewerkschaft der Eisenbahner (GdED) am Donnerstag in Berlin. Wettbewerb könne durchaus heilsam sein. Seit der ersten Liberalisierung des Regionalverkehrs in Deutschland "ist der Nahverkehr doch schon viel besser geworden", so Meyer.

GdED-Chef Norbert Hansen warnte davor, nur auf "die Selbstheilungskraft des Marktes" zu setzen. Noch seien die Rahmenbedingungen in Europa sehr unterschiedlich. Ausländische Betriebe müssten in ihrem Land weniger Steuern zahlen, auf dem Schienennetz würden geringere Trassenpreise verlangt - das verschaffe den Wettbewerbern Vorteile. Einen "Ausverkauf des Regionalverkehrs" dürfe es nicht geben. Hansen fordert vielmehr "klare Spielregeln". Der Gesetzgeber sei aufgefordert, verbindliche Qualitäts-, Sicherheits- und Sozialstandards festzulegen, "sonst droht uns eine Dumpingspirale nach unten, unter der auch die Attraktivität des Nahverkehrs leiden wird - und das kann ja nicht das Ziel sein". Aber auch Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn warnte davor, den Nahverkehr für den Kunden zu einem "Buch mit sieben Siegeln" zu machen - mit unübersichtlichen Fahrplänen und Ticketpreisen.

Doch Wettbewerb lohnt: Volker Sparmann, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, rechnete vor, dass sich seit der Regionalisierung vor vier Jahren die Zahl der Passagiere in seiner Region von 520 auf 570 Millionen gestiegen sei - in der gleichen Zeit habe sich der Kostendeckungsgrad bei den Verkehrsbetrieben von 44 auf 57 Prozent erhöht.

chi

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false