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ANLEGER Frage: An Oliver Borgis Leiter der Vermögensverwaltung der Weberbank

Braucht der Dax die Notenbank?

Die Aktienmärkte reagieren sehr nervös auf ein mögliches Ende der lockeren Geldpolitik der Notenbanken. Könnten die Märkte auch ohne Zentralbankunterstützung ihre Rekordkurse verteidigen?

Die extrem expansive Geldpolitik vieler Notenbanken hat den Märkten nicht nur massive Kapitalzufuhr, sondern auch die Hoffnung auf Konjunkturerholung beschert. Wird diese Erwartung enttäuscht, ist eine Fortsetzung der Hausse fraglich. Der Anstieg des Dax um 40 Prozent in nur elf Monaten hat aber nicht zu einer Überbewertung geführt.

Die derzeitigen Kursstände sind durch Fundamentalfaktoren gerechtfertigt. Seit Ausbruch der Finanzkrise haben sich die operativen Margen und die Bilanzstrukturen der deutschen Großunternehmen stark verbessert. Auch die Verschuldungsquoten sind in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt worden, und die verbliebene Verschuldung ist so zinsgünstig finanzierbar wie nie. Zwar sind die Bewertungen der Aktien in den letzten Monaten stärker gestiegen als die Unternehmensgewinne, doch dies ist als Normalisierung und nicht als Übertreibung zu sehen.

So sind gängige Kennzahlen für die Bewertung von Aktien wie das Kurs- Buchwert-Verhältnis und das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) in den Bereich langfristiger Durchschnitte gestiegen. Dabei wären sogar überdurchschnittliche KGV allein durch das derzeit niedrige Zinsniveau zu rechtfertigen. Das KGV ist eine Faustformel für die Abdiskontierung künftiger Gewinne. Je niedriger der Diskontierungszins, desto höher der faire Wert. Während Immobilien sowie Staats- und Unternehmensanleihen heute entsprechend höhere KGV aufweisen als vor der Krise, so ist dies bei Aktien noch immer nicht der Fall. Aktien sind relativ zu anderen Anlageklassen so attraktiv wie lange nicht mehr.

Das bestätigt sich auch beim Blick auf den sogenannten Kurs-Index des Dax. Der gängige Dax-Wert beinhaltet vergangene Dividenden und verfälscht den Vergleich mit früheren Bewertungen. Zieht man jedoch den Kursindex des Dax heran, der Dividenden nicht einberechnet, so notiert er 28 Prozent unter dem Wert aus dem Jahr 2000.

Von einer Übertreibung also keine Spur. Versiegt die Liquiditätszufuhr der Notenbanken, so wäre dies zuvorderst ein psychologischer Schock, von dem sich die Märkte über kurz oder lang erholen dürften. Von ihrer lockeren Geldpolitik werden die Notenbanken zudem auch nur dann abkehren, wenn die Konjunktur gefestigt ist. Die Aktienmärkte – und gerade die deutschen – haben ausreichend Substanz, um auch dann Stärke zu beweisen.

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An Oliver Borgis

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