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ANLEGER Frage: An Oliver Borgis Leiter der Vermögensverwaltung der Weberbank

Wohin führt der Streit in den USA?

Die Verhandlungen über den Regierungshaushalt in den USA und der Schlingerkurs der US-Notenbank Fed bewegen Deutschlands Börsen derzeit mehr als alles andere. Wie lange wird das so bleiben, und wo wird das hinführen?

Mehr als die Hälfte aller Dax-Aktien wird von Ausländern gehalten, ein Löwenanteil davon liegt in amerikanischen Depots. Wenn sich diese große Gruppe in Bewegung setzt, dann hat das massive Auswirkungen auf Angebot und Nachfrage am heimischen Aktienmarkt. Auf diesem Weg landet auch die von der US-Notenbank herausgereichte Liquidität in Europas Gefilden. Oder sie ebbt ab, wenn die Fed mit der Reduzierung ihrer Anleihenkäufe beginnt, dem sogenannten Tapering. Dass das Tapering zuletzt aufgeschoben wurde, war umgekehrt hierzulande für mehr Kurszuwächse gut als in den USA selber. Voraussichtlich ab Dezember wird das Tapering aber wohl beginnen und Europas Börsen bis Mitte 2014 tendenziell belasten. Fällt dies in eine Phase der Konjunkturerholung in Europa, wirkt sich eine Zurückhaltung der US-Anleger aber möglicherweise nur in Form eines verlangsamten Anstiegs aus.

Anders sieht es mit dem Haushaltsstreit in den USA aus – ein fortdauernder Auszahlungsstopp kann Weltkonjunktur und Weltbörsen belasten. Schätzungen gehen von einer Belastung der Wirtschaftsleistung der USA um 0,1 bis 0,2 Prozent pro Woche aus. Zwischen 1977 und 1996 gab es 17 solcher sogenannter Government Shutdowns, zuletzt vom 16. Dezember 1995 bis 6. Januar 1996 unter Clinton. Der Kursdruck am Aktienmarkt war stets mäßig und schnell aufgeholt. Viel brisanter als der derzeit noch im Fokus stehende Haushaltsentwurf ist dabei die Schuldenobergrenze, die zwischen Mitte Oktober und Anfang November erreicht wird. Hier gilt, je später die Lösung, desto garstiger vermutlich das Börsengeschehen. Aber auch eine schnelle Einigung auf ein sehr großzügiges neues Schuldenlimit könnte über eine mögliche Ratingverschlechterung der USA ein böses Erwachen bringen. Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass es zu einem Kompromiss in letzter Minute kommt, bevor der Makel eines nicht bedienten Kupons einer US-Staatsanleihe entsteht. Bis in das nächste Jahr reichen dürfte dieses Thema eher nicht.

Im Fazit darf daher angenommen werden, dass sich der aus den USA kommende Nebel des Haushaltsstreits bald verzieht und den Blick auf die durchaus moderat positiven Fundamentaldaten freigibt. Das Unwort Tapering dagegen wird uns noch eine Weile in der Form begleiten, dass es zwar nervöse Schwankungen an den Aktienmärkten, aber keinen dauerhaft negativen Trend bewirkt.

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An Oliver Borgis

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