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ANLEGER Frage: an Helmut Kaiser Chefinvestmentstratege für Privatkunden der Deutschen Bank

Gewinne und Schulden steigen

An den Märkten wird erwartet, dass sich die Gewinne der Unternehmen 2010 erholen. Zugleich hat die Staatsverschuldung in Ländern wie Griechenland eine Fiskalkrise ausgelöst. Wie sollten Anleger in diesem Spannungsfeld vorgehen?

Zwar zeichnet sich fast überall in der Welt ein Konjunkturaufschwung ab. Ausmaß und Tempo unterscheiden sich aber stark von Land zu Land. In den Emerging Markets wurden zuletzt die Wachstumsprognosen nach oben korrigiert. In China deuten Konjunkturindikatoren, die hohe Produktivität und eine robuste Binnennachfrage auf Wachstumsraten von über zehn Prozent hin. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass sich in der globalen Konjunktur ein Paradigmenwechsel manifestiert: Zwar ist China noch zu klein, um den Ausfall des US-Konsumenten vollständig zu kompensieren, aber die Abkoppelung Asiens ist beeindruckend.

Unter den G-3-Staaten erholen sich die USA am dynamischsten. Die US-Wirtschaft wird 2010 um 3,5 bis 4 Prozent real zulegen. Euroland befindet sich zwar auch im Aufschwung, hier haben die Unsicherheiten zuletzt aber zugenommen. Die schwierige Rückführung der Defizite in Griechenland, Portugal, Irland und Spanien belastet. Deutschland profitiert dagegen stark vom globalen Konjunkturaufschwung. Aber selbst Deutschland und Frankreich haben in puncto Fiskaldisziplin noch Handlungsbedarf. Ab 2011 müssen alle Länder im Euroraum Maßnahmen gegen die Haushaltsdefizite ergreifen.

Bislang war der Inflationsanstieg ausschließlich auf statistische Effekte zurückzuführen. Von einer Preis-Lohn-Preis- Spirale sind die Volkswirtschaften in den USA und Europa meilenweit entfernt. Im Gegensatz dazu steigt in Indien und Brasilien die inländische Nachfrage so stark, dass Überhitzungsrisiken zunehmen. In China drohen wegen der starken Nachfrage kurzfristig Inflationsgefahren.

Das differenzierte Wachstums- und Inflationsbild wird sich auf die Geldpolitik in den jeweiligen Volkswirtschaften unterschiedlich auswirken. China, Indien und Australien haben bereits die geldpolitischen Zügel angezogen. Wir erwarten Zinsanhebungen der US-Notenbank in der zweiten Jahreshälfte, dagegen wird die EZB zögerlich reagieren, während wir für die Bank of Japan und die Bank of England keine geldpolitische Änderung erwarten. Entsprechend werden die Kapitalmärkte sehr differenziert reagieren.

Insgesamt befinden wir uns also im Übergang zu einem gewinngetriebenen Markt, der noch einige Zeit von Belastungsfaktoren (mögliche Zinswende, Finanzmarktregulierung, Fiskalkrise) begleitet wird. Wir sehen daher die Märkte differenzierter. Einzeltitel, Branchenselektion, Managerauswahl, Emittenten- und Länderanalyse gewinnen an Bedeutung. Erneut werden Geduld und Disziplin, ein flexibles Anlagemanagement unter Einbeziehung alternativer Investments und ein stabiles Risikomanagement gefordert sein.

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an Helmut Kaiser

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