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ANLEGER Frage: an Oliver Borgis Leiter der Vermögensverwaltung der Weberbank

Keine Blase am Anleihemarkt

Die Rendite der Bundesanleihen mit 30-jähriger Laufzeit ist erstmals unter drei Prozent gefallen, die Kurse steigen massiv. Verunsicherte Anleger kaufen solide Staatspapiere, weil sie sich vor einem neuen Abschwung fürchten. Ist der Pessimismus gerechtfertigt? Oder baut sich am Rentenmarkt eine Blase auf?

Die 3,75-prozentige Bundesanleihe mit Laufzeit bis 2040 notiert bei 138 Punkten. Ein stolzer Preis, der durch den weit über dem heutigen Zinsniveau liegenden Kupon zustande kommt. Zu Jahresbeginn war diese Anleihe noch zu 111 zu bekommen. Wenn es hier um einen Aktienindex ginge, würden wohl die Korken knallen. Am Rentenmarkt aber will rechte Feierlaune nicht aufkommen, da die Kehrseite der steigenden Anleihekurse nun mal fallende Renditen für Neuanlagen sind. Zunehmend wird von einer spekulativen Blase gesprochen, dabei gibt es Parallelen, die diese Entwicklung gar nicht so ungewöhnlich erscheinen lassen.

Eine erfolgreiche Inflationsbekämpfung ermöglichte es der Notenbank in den vergangenen Dekaden, ihren Leitzins von Konjunkturzyklus zu Konjunkturzyklus immer ein wenig niedriger anzusetzen als vorher. In der Folge purzelten auch die Renditen für Bundesanleihen auf immer neue Tiefs. Allerdings mit erstaunlicher Verspätung: Im April 1996 reduzierte die Bundesbank den Leitzins bis auf 2,5 Prozent – zwei Jahre später sank die Rendite der 30-jährigen Bundesanleihe auf 4,6 Prozent. 2003 ging die Europäische Zentralbank bis auf zwei Prozent herunter – erst zwei Jahre darauf findet die 30-jährige Rendite bei 3,5 Prozent ihren Halt. Im aktuellen Zyklus schaltete die Notenbank noch einen Gang weiter und senkte bis auf ein Prozent. Das war im Mai 2009. Nun wäre es zwar töricht, per Dreisatz den Stand der 30-jährigen Rendite im Frühjahr 2011 auf 1,5 bis 2,5 Prozent hochrechnen zu wollen. Es drängt sich aber auf, dass die aktuelle Zinskonstellation in diesem Zusammenhang noch keineswegs aus dem Rahmen fällt.

Ich erkläre mir das im Wesentlichen so: Mit zunehmender Dauer des Zinstiefs schwindet die Hoffnung auf einen baldigen Zinsanstieg. Großanleger mit laufendem Anlagebedarf sind an diesem Punkt des Zyklus schon seit einiger Zeit nicht mehr voll investiert und geraten zunehmend in Zugzwang. Dabei herrscht keine gefährliche Euphorie am Anleihenmarkt, eher so etwas wie ungläubiges Staunen. Um das Zinsgeschehen zu begründen, muss man nicht die Angst vor einem neuen Abschwung bemühen. Wäre das der Hintergrund, wären die Aktienmärkte sicherlich wesentlich schwächer. Ein unerwartet langer Weg bis in das nächste Konjunktur- und Zinshoch reicht völlig aus.

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an Oliver Borgis

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