zum Hauptinhalt
Guter Deal: Einjährige griechische Staatsanleihen bringen derzeit 4,85 Prozent Zinsen. Die Hilfszusagen der Euro-Partner halten das Risiko gering. Foto: dpa

© dpa

Anleger: Nicht nur griechische Anleihen bringen gute Zinsen

Bill Gross, der US-Bond-Guru, glaubt zwar an ein nahes Ende der Anleihe-Hausse, nimmt von seiner negativen Prognose aber ausdrücklich Deutschland und Kanada aus.

Bill Gross ist sich sicher: „Anleihen haben ihre besten Tage hinter sich.“ Vor allem auf längerfristig gebundene Anleger könnten dann Verluste zukommen, warnt der Manager des weltweit größten Rentenfonds aus dem Hause der Allianz- Tochter Pimco. Damit könnte sich die seit nahezu drei Jahrzehnten andauernde Anleihe-Rallye ihrem Ende zuneigen, befürchtet der Manager. Die Ursachen dafür sieht Gross vor allem in den exzessiven Staatsverschuldungen der großen Industrienationen, allen voran die USA, Großbritannien und Japan. Das werde zu höherer Inflation und zu steigenden Zinsen führen – schlecht für die Anleihemärkte.

Nach bisherigen Planungen, so die Recherchen der HSBC-Bank, werden sich allein die Staaten der Euro-Zone in diesem Jahr rund eine Billion Euro an den Kapital- und Geldmärkten leihen. Aus den USA kommen langfristige Schuldverschreibungen von geschätzten 2200 Milliarden Dollar hinzu. Das Problem: Eine enorm steigende Kreditnachfrage verteuert im Normalfall grundsätzlich die Kreditkosten, da die Anleger Risikoaufschläge verlangen. Da neue Anleihen dann nur mit höherem Zinskupon ausreichend Interessenten finden, sind ältere, bereits laufende Papiere mit geringerem Kupon uninteressant – und fallen im Kurs.

Wer griechische Staatsanleihen hält, kann vom Wechselspiel zwischen staatlicher Geldnot, satten Risikoaufschlägen und fallenden Kursen ein Lied singen. Bis kurz vor der Einigung der EU auf klare Konditionen und Summen eines Hilfspakets für Athen am vergangenen Wochenende hatten Ängste vor einem Staatsbankrott oder zumindest einer zeitweiligen Zahlungsunfähigkeit die Kurse griechischer Staatsanleihen massiv gedrückt. Vor allem Profi-Investoren und institutionelle Anleger hatten die Griechen-Bonds verkauft – in der Hoffnung, später wieder billiger zurückkaufen zu können. Anleihen mit rund zehn Jahren Restlaufzeit wurden schließlich mit rund zehn Prozent Kursabschlag und mehr gehandelt, was die jährliche Rendite auf satte 7,5 Prozent, kurzfristig sogar an die acht Prozent, gejagt hatte. Investoren waren also nur bereit, den Hellenen Kapital zu leihen, wenn sie dafür 4,5 Prozentpunkte mehr erhalten als Finanziers des deutschen Staatsdefizits. Denn Deutschland ist derzeit der absolute Lieblingsschuldner des Marktes. Am Höhepunkt der Griechenland-Angst notierten Kreditausfallversicherungen für Griechenland sogar höher als jene für Bankrotteur Island.

Bundesanleihen und deutsche Staatspapiere galten umgekehrt erneut als Fluchtpunkt, Deutschland wurde zum Profiteur der Griechenland-Krise: Die Renditen schrumpften erneut in Richtung drei Prozent für zehnjährige Bindungen, bei steigenden Kursen. Nach der Einigung drehte sich das Bild leicht: Die Renditeabstände zwischen deutschen und griechischen Staatsanleihen gingen von 4,5 auf 3,6 Prozentpunkte zurück. Wer sich getraut hatte, Griechenland am Höhepunkt der Krise Geld zu leihen, hat kurzfristig gute Gewinne gemacht, denn die Kurse sind gestiegen.

David Schnautz, Zinsstratege der Commerzbank, glaubt, dass ein nicht allzu defensiv orientierter Privatanleger nun durchaus zu griechischen Papieren greifen könnte. Nachdem zwei kurzfristige Anleihen Athens am Dienstag auf eine 6,5-fach und 7,7-fach höhere Nachfrage gestoßen waren, weil viele Anleger gerne 4,85 Prozent Zinsen für zwölf Monate und 4,55 Prozent für ein halbes Jahr kassieren wollten, steigen die Chancen, dass der Rentenmarkt auch die bis Ende Mai anstehenden Milliardenbeträge ausspuckt. Schnautz: „Ist dies geschafft, entspannt sich die Lage, denn danach ist der Finanzierungsbedarf geringer.“ Zudem könne es einem Anleger „im Prinzip egal sein, ob seine Anleihen von Athen selbst oder mithilfe eines EU-Kredites bedient und zurückgezahlt werden.“

Deutsche Bundesanleihen sieht Schnautz dagegen kritischer: „Wir erwarten bis Ende Juni einen Renditeanstieg auf 3,4 Prozent, bei leicht fallenden Kursen.“ Ohnehin erhalte der Anleger für Anleihen gleicher Spitzenbonität (AAA) innerhalb der EU durchaus bessere Renditen, etwa mit französischen oder österreichischen Staatsanleihen. Auch Raiffeisen Research sieht einen Widerspruch zwischen der guten Wertentwicklung an den Aktienmärkten und der Flucht in sichere deutsche Anleihen – und empfiehlt sie kurzfristig zum Verkauf.

Wie rasch sich eine negative Einschätzung des Marktes wieder wenden kann, zeigt das Beispiel Irland. Im Vorjahr verlangte der Markt zeitweise einen Risikozuschlag von drei Prozentpunkten von Dublin. Der Inselstaat kämpft noch immer mit enormer Verschuldung und verlustreichen, teilverstaatlichten Banken. Weil der Staat aber zugleich drastische Sparmaßnahmen umsetzt, ist er von den Investoren wieder gut gelitten. Der Kurs einer 1999 aufgelegten, bis 2016 laufenden Staatsanleihe, der im vergangenen Jahr auf 93,5 Prozent eingebrochen war, liegt inzwischen wieder bei gut 105 Prozent. Der Risikoaufschlag ist auf rund 1,3 Prozentpunkte abgeschmolzen.

Tom Friess, Geschäftsführer des VZ Vermögenszentrums in München, rät Anlegern, die in Staatsanleihen investieren möchten, zunächst die eigene Risikobereitschaft zu klären. Wer „größtmögliche Sicherheit wünscht, muss deutsche Staatsanleihen kaufen, dafür aber in Kauf nehmen, dass sein Investment nach Steuern und Inflation wenig bis fast keine Rendite bringt“, sagt Friess.

Wer sich dagegen des Risikos bewusst sei, könne auch im höher verzinsten Bereich investieren, selbst in Griechenland. Allerdings sei die griechische Krise noch nicht ausgestanden, auch wenn ein Staatsbankrott oder eine Abspaltung aus der Euro-Zone sehr unwahrscheinlich sei. Weil im zweiten Halbjahr 2010 bis spätestens 2011 die Zinswende anstehe, solle sich der Anleger in jedem Fall auf kurz- bis mittelfristige Papiere beschränken, die auf Zinserhöhungen nicht so deutlich reagierten wie langfristige Papiere. Die Faustregel sei hier: Steige der Zins um einen Prozentpunkt, dann wirke sich das mit einem Hebel von rund 7,5 auf den Kurs einer zehnjährigen Anleihe aus.

Bill Gross, der US-Bond-Guru, glaubt zwar an ein nahes Ende der Anleihe-Hausse, nimmt von seiner negativen Prognose aber ausdrücklich Deutschland und Kanada aus. Wegen der vergleichsweise geringen Staatsverschuldungen beider Länder empfiehlt er Anleihe-Fans aus aller Welt, ihr Geld dort arbeiten zu lassen, allen mageren Renditen zum Trotz. Doch auch für schwächere Zeiten hat die Bankenwelt bereits das passende Investmentvehikel gefunden: Seit einiger Zeit sind Exchange Traded Funds (ETF) auf dem Markt, die auf fallende Kurse von Staatsanleihen setzen, etwa aus dem Hause Amundi, der Fondstochter zweier französischer Großbanken. Da es sich um Fonds handelt, sind die Papiere gegen eine Pleite der ausgebenden Bank abgesichert. Ihre Kurse steigen, wenn die Anleihemärkte in die Knie gehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false