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Wirtschaft: Anleger zittern um Renditen in Berlin

Senatsbeschluss zum Ausstieg aus der Wohnungsbauförderung trifft Zeichner von geschlossenen Immobilienfonds

Düsseldorf (rrl/HB). Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat sich durchgesetzt. Am vergangenen Montag strich Berlins Senat die Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau ersatzlos. Betroffen sind zunächst etwa 27000 Sozialbauwohnungen. Es geht um sehr viel Geld: Der Finanzsenator will Haushaltslöcher stopfen, die Mieter haben Angst vor drastischen Mietsteigerungen und die Vermieter, unter anderem die Anleger von mehr als 400 geschlossenen Immobilienfonds, befürchten herbe Verluste.

Der Beschluss bedeutet, dass das Land Berlin künftig nicht mehr die Differenz zwischen der staatlich reglementierten Sozialmiete und der Kostenmiete bezahlen wird, wenn die Verträge über die Förderung nach 15 Jahren auslaufen. Bei Kostenmieten von bis zu 18 Euro je Quadratmeter zahlen die Mieter in Sozialbauwohnungen zurzeit nur 4,50 Euro je Quadratmeter. Durch Mieterhöhungen wird sich die nun entstehende Einnahmelücke kaum schließen lassen.

Die erlaubte Mieterhöhung auf das Niveau der Kostenmiete stehe nur auf dem Papier, sagt der Landesverband Freier Wohnungsunternehmen Berlin (LFW). Eine vom Senat eingesetzte Expertenkommission bestätigt dies: „In der Regel werden Vermieter nur Vergleichsmieten erzielen können, die heute bei etwa sechs bis sieben Euro je Quadratmeter liegen.“ Fondsanleger Claus Schwertner fürchtet das Schlimmste: „Das hat zur Folge, dass mein Fonds Insolvenz anmelden muss und bei mir Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden können. Das wäre mein Ruin.“ Klaus Eberhardt, Vorstand der Becker&KiesGruppe, die 14 Fonds mit Sozialbauwohnungen auflegte, darunter den, an dem Schwertner beteiligt ist, will mit Banken über eine Tilgungsstreckung verhandeln.

Zu den ganz Großen im Fondsgeschäft gehört die Dr. Görlich GmbH. „Locker mehr als 150 Fonds“ mit geförderten Sozialbauwohnungen habe das Unternehmen vertrieben, sagt Gründer und Mitinhaber Wolfgang Görlich. Görlich beruhigt die Mieter: „Wir werden den Mietern schreiben, dass wir weiterhin die bisherigen Mieten berechnen werden, weil wir einen Rechtsanspruch auf die Anschlussförderung haben.“ Diesen Rechtsanspruch will Görlich einklagen. In der Senatsverwaltung ist man anderer Meinung. Sprecher Claus Guggenberger: „Das Land geht nicht davon aus, dass es ein Recht auf Anschlussförderung gibt.“ Auch andere wollen klagen. Der LFW werde einen Musterprozess unterstützen, sagt Geschäftsführerin Hiltrud Sprungala. Zunächst soll vorläufiger Rechtsschutz beantragt werden. Damit soll erreicht werden, dass fällige Förderungen so lange weiter gezahlt werden, bis ein Verwaltungsgericht endgültig über den Anspruch der Wohnungseigentümer entschieden hat.

Ist dieser Vorstoß nicht erfolgreich und wird die Entscheidung auf die Hauptverhandlung vertagt, können Jahre vergehen. Selbst wenn das Land dann verurteilt würde, weiter zu fördern, käme für viele Anleger jede Hilfe zu spät. Sind sie an einem Fonds als Kommanditist einer GmbH & Co. KG beteiligt, droht dem Fonds Insolvenz, wenn er die Kredite nicht mehr bedienen kann. Der Anleger verliert die Einlage.

Doch weil steuerliche Anfangsverluste von oft mehr als 200 Prozent zu einem negative Kapitalkonto führten, haftet der Anleger zudem in Höhe dieses Betrages. Gregor Kunz, Wirtschaftsprüfer bei der Gesellschaft Dr. Röver&Partner, beschreibt die Folgen: „Der Anleger muss die Ausschüttungen zurückzahlen.“ Darüber hinaus werde die Bank das Grundstück, das als Sicherheit dient in der Regel zwangsversteigern, sagt Kunz. In einem Fonds, der als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) firmiert, müssen keine Ausschüttungen zurückgezahlt werden. Doch dafür muss der Anleger Nachschüsse leisten, wenn er den Fonds vor der Pleite retten will.

Im Insolvenzfall drohen dem Anleger Zwangsvollstreckungen gegen sein Privatvermögen, wenn er den Schuldensaldo nach Verkauf oder Versteigerung der Immobilie nicht begleicht. Und Berlin hat klargestellt: Anlegern, die sich an einem von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften aufgelegten Fonds beteiligt haben, wird es nicht besser gehen.

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