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Anlegerfrage: Auf die Bonität kommt es an

Lohnt es sich, jetzt in Rentenpapiere einzusteigen? Ein Anlegerfrage an Olliver Borgis, Leiter des Portfoliomanagements der Weberbank.

In den vergangenen fünf Monaten sind die Aktienmärkte kräftig gestiegen, und trotzdem haben die Kurse von Anleihen ebenfalls zugelegt. Gilt die Regel gegenläufiger Marktbewegungen nicht mehr, und lohnt es sich dennoch, jetzt in Rentenpapiere einzusteigen?

Die Annahme, dass Aktien- und Rentenkurse eine Tendenz zu gegenläufiger Entwicklung haben, basiert auf zwei Überlegungen. Zum einen, dass steigende Aktienkurse mit Umschichtungen der Anlegerschaft von Renten in Aktien einhergehen und die dazugehörigen Anleihenverkäufe auf die Kurse drücken.

Zum anderen, dass ein positiver Konjunkturverlauf an den Aktienmärkten stützende Gewinnerwartungen, an den Anleihenmärkten dagegen drückende Inflationssorgen auslöst. Tatsächlich sind dies oftmals die treibenden Faktoren des Kapitalmarktgeschehens – aber eben nicht immer. Es gibt vielfältige Einflussfaktoren, die anders wirken und die über längere Phasen die Oberhand gewinnen können.

So zum Beispiel die aktuelle Niedrigzinspolitik der Notenbank zur Rezessionsbekämpfung. Solange eine solche Politik des billigen Geldes keine Inflationsgefahr heraufbeschwört, liefert sie Liquidität für alle Märkte und wirkt über den Leitzins direkt auf niedrigere Kapitalmarktzinsen und damit höhere Anleihenkurse ein. Das ist keineswegs ein einzigartiger Vorfall. Die letzte solche Phase liegt noch nicht allzu lange zurück, sie zog sich von April 2003 bis August 2005. Aus der damaligen Rezession arbeitete sich die Wirtschaft bereits Anfang 2004 heraus und dennoch – das ist entscheidend – beließ die Notenbank den Leitzins noch bis November 2005 unverändert niedrig. In diesem Zeitraum verdoppelte sich der Deutsche Aktienindex Dax und der Rentenindex REXP legte um 14 Prozent zu.

Da die Europäische Zentralbank EZB – ähnlich wie die Bundesbank früher auch – dazu neigt, erst ein bis zwei Jahre nach dem Rezessionsende die Leitzinsen anzuheben, um den noch unsicheren Aufschwung nicht zu gefährden, spricht vieles für eine weiter anhaltende Niedrigzinsphase. Im Übrigen stützt die Notenbank diesmal den Rentenmarkt seit Juli sogar noch zusätzlich durch den direkten Ankauf europäischer Pfandbriefe im Volumen von bis zu 60 Milliarden Euro bis Juni 2010.

Die relative Stärke des Rentenmarktes kann sich also auch bei weiter steigenden Aktienmärkten fortsetzen, für den Fall einer neuerlichen Aktienmarktschwäche dürfte sie sich sogar beschleunigen. So oder so ist es nicht zu spät für die Geldanlage in festverzinslichen Wertpapieren, sofern man auf bonitätsstarke Emittenten achtet.

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an Oliver Borgis

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