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Wirtschaft: Ansichten eines Stars

Ex-Citigroup-Chef Sandy Weill erklärt die Finanzkrise mit der Gier der Banken

Frankfurt am Main - Unter den 200 Zuhörern sind etliche gestandene Banker und Topmanager. Ernst lauschen sie einem braun gebrannten Herrn, der nach dem Flug von New York nach Frankfurt etwas müde wirkt. Seine Stimmung freilich ist bestens. Selbst die Finanzkrise kann Sandy Weill nicht verstimmen. Aber Sorgen macht sie dem 74-Jährigen schon, auch weil die von ihm maßgeblich geformte Citigroup mittendrin steckt.

Weill gilt als King der Wall Street. Fast vier Jahrzehnte hat er die Finanzbranche geprägt, hat die Citigroup nach mehreren Übernahmen zum größten Allfinanzkonzern geformt, ist selbst zum Milliardär aufgestiegen, der sich unlängst für 42,4 Millionen Dollar ein Appartement am Central Park gekauft hat. Der „Chairman Emeritus of Citigroup“, wie er sich heute nennt, war rund 18 Monate nach seinem Abschied sogar kurzzeitig im Gespräch, als Nothelfer wieder zurück an die Spitze der Citigroup zu rücken.

Die Finanzkrise habe ihn nicht überrascht, das Ausmaß schon, sagt er. Dass die Notenbanken eingriffen, zeige, wie brenzlig die Lage sei. „Aber das allein wird nicht reichen. Nur die Regierungen können eine Lösung finden. Es geht nicht um einzelne Banken. Es geht um das System.“ Und der Gipfel der Krise sei noch nicht erreicht. Als Auslöser sieht er allein die Gier, auch in den Topetagen der Banken. „Die Leute treiben die Entwicklung auf die Spitze. Und in den Finanzinstituten werden die Dinge gemacht, die viele nicht verstehen.“ Auch er blicke nicht durch all die mehrfach verpackten und weitergereichten Verbriefungsanleihen.

Viele Banker im Saal, die nicht wissen, wie sie aus dem Schlamassel rauskommen sollen, lächeln gequält. „Die Banken werden die Verluste nehmen müssen. Und es wird im Finanzsektor wieder mehr Fusionen geben“, sagt Weill ihnen noch. Aber die Gier werde nicht verschwinden. „Man wird wieder sehr gute Assets zu sehr niedrigen Preisen kaufen können.“ Rolf Obertreis

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