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Hoffnungsvoll: Archibald Horlitz, Chef von Deutschlands größtem Apple-Händler Gravis

© Kai-Uwe Heinrich / TSP

Apple vor der Entwicklermesse WWDC: Gravis-Chef erwartet "richtungsweisende Ankündigungen"

An der Börse hat Apple in den vergangenen Monaten massiv an Wert verloren. Es fehlen neue spannende Produkte. Vielleicht ändert sich das am Montag auf der Entwicklermesse WWDC.

Wie geht es einem Unternehmen, das in einem Quartal 43,6 Milliarden Dollar (33,2 Milliarden Euro) umsetzt und unterm Strich 9,6 Milliarden Dollar (7,3 Milliarden Euro) verdient? Oder das bei Smartphones einen weltweiten Marktanteil von 18 Prozent, im wichtigen US- Markt sogar von 39 Prozent hat? Der Computerkonzern Apple ist dieses Unternehmen mit den fantastischen Zahlen. Dennoch ist irgendwie der Wurm drin: Seit Monaten ist die Aktie auf Talfahrt. Daneben liefert der einst so strahlende Konzern immer neue Negativschlagzeilen, etwa wenn es um die Produktionsbedingungen geht. Aber am meisten bewegt die Investoren wohl, was das nächste große Ding sein wird, mit dem Apple die Konkurrenz wieder einmal abhängt.

Am Montag könnte das Geheimnis gelüftet werden, da findet in San Franciso die WWDC, Apples berühmte jährliche Entwicklermesse statt. Die hat der verstorbene Steve Jobs traditionell dazu genutzt, Innovationen zu präsentieren. Archibald Horlitz, Chef von Deutschlands größtem Apple-Händler Gravis, sagt: „Das wird eine der wichtigsten Veranstaltungen, die Apple je in seiner Geschichte hatte.“ Apple habe sich in den vergangenen acht Monaten den Luxus geleistet, bis auf ein paar kleine Anpassungen keine neuen Produkte auf den Markt zu bringen. „Ich erwarte keine Sensationen“, sagt Horlitz, „aber richtungsweisende Ankündigungen.“ Eine Vorstellungsshow mit Magie und Höchstspannung wie in der alten Form werde es bei Apple nicht mehr geben. „Es wird nüchterner und pragmatischer werden“, meint Horlitz. So, wie eben auch Tim Cook ist, der seit dem Tod von Steve Jobs im Oktober 2011 das Unternehmen führt.

Der Kursverlauf der Apple-Aktie in Dollar seit Oktober 2011 bis Freitag, den 7. Juni 2013.
Der Kursverlauf der Apple-Aktie in Dollar seit Oktober 2011 bis Freitag, den 7. Juni 2013.

© Fotolia / Fabian Bartel

Keine Sensationen mehr. Kann sich Apple das leisten? Innovationskraft und Marktmacht sind die Faktoren, die Apple stark gemacht haben. „Die Börse geht davon aus, dass Apple seinen Nimbus verliert und damit die Fähigkeit, hohe Preise für seine Geräte durchzusetzen“, sagt Markus Friebel, Analyst von Independent Research. „Die Bewertung von Google liegt weit über der von Apple.“ Allerdings hält Friebel die Ängste für übertrieben. Er sieht keine düstere Zukunft für Apple. „Der Markt unterschätzt, dass es nicht mehr die Produkte sind, die zählen, sondern Software und Services“, sagt Friebel. „Die gewinnen bei Apple immer mehr an Bedeutung.“ Noch machen die allerdings nur einen winzigen Teil des Umsatzes aus. Apple hat es aber geschafft, eine Produktwelt aufzubauen, die über die Software nahtlos miteinander verbunden ist. Wer einmal ein Apple-Gerät gekauft hat, kauft immer wieder Apple, weil er mit jedem Geräten auf seine Daten und Programme zugreifen kann. „Lock-in-Effekt“ nennen die Experten das.

Doch was Apple kann, können andere inzwischen auch, vor allem Samsung. Rund um das Android-Betriebssystem von Google ist ebenfalls eine für die Nutzer attraktive Welt aus Produkten und Diensten entstanden. Samsung nutzt Android, entwickelt aber auch eine eigene Plattform, um sich nicht zu sehr von Google abhängig zu machen. Und Samsung hat den Vorteil, eine viel weitere Produktpalette zu haben als Apple, vom Einsteigerhandy bis zum Spitzenmodell S4.

Noch gibt es aber einen wichtigen Unterschied: Apples Margen sind größer. Aber – und das macht die Börse nervös – sie schrumpfen. „Beim iPhone 5 erzielt Apple eine Bruttomarge von 60 Prozent, beim iPad 3 sind es nur noch 40 Prozent, mit sinkender Tendenz“, sagt der Digitalexperte Ralf Kaumanns. „Apples Innovationsvorsprung schwindet.“ So sei es den Konkurrenten beim Tablet wesentlich schneller gelungen, Apple einzuholen. Bei Smartphones ist es inzwischen auch so weit. „Die Geräte von Samsung sind auch nicht schlechter“, sagt Kaumanns.

Wie sensibel Investoren auf Margenschwund reagieren, musste Samsung am Freitag erleben. Der Kurs brach um mehr als sechs Prozent ein, wohl weil das Unternehmen eine abgespeckte und damit billigere Version seines Spitzenmodells S4 angekündigt hat.

Apples Innovationsschub müsse aus einer neuen Klasse von Geräten kommen, meint Kaumanns. Ein Fernseher, eine Uhr, eine Brille? „Als das iPhone herauskam, gab es keine vergleichbaren Geräte, aber im TV-Bereich kommt Apple spät, Samsung und andere sind längst mit attraktiven Geräten da“, sagt Kaumanns. Auch bei Uhren ist er skeptisch. Das könne nur eine Nische sein, in der nicht die Stückzahlen wie beim iPhone erzielt werden könnten. „Und was soll eine iWatch kosten?“, fragt er. „Mit Sicherheit weniger als ein iPhone oder iPad.“ An den Erfolg einer Datenbrille wiederum, an der Google arbeitet, glaubt Apple- Chef Tim Cook selbst nicht.

Was in jedem Fall kommen werde, seien tragbare Computer, also am Körper getragene Sensoren oder in Kleidungsstücke eingebaute Rechner. „Aber da braucht man noch viel Fantasie, das wird noch eine Zeit dauern“, sagt Kaumanns. „Apple wird nach wie vor eine bedeutende Rolle spielen“, sagt der Experte. „Aber so große Innovationssprünge wie in der Vergangenheit werden wir wohl nicht mehr sehen.“ Apple-Händler Horlitz ist da zuversichtlicher: „Apple hat sicher noch einen Trumpf im Ärmel.“

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