zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Arbeit und Rente: Neue Löcher in der Kasse

Rentenbeiträge könnten zum Jahreswechsel auf 19,9 Prozent steigen / Auch Arbeitsämter brauchen mehr Geld

Berlin (ce). Angesichts der ungebremst steigenden Arbeitslosenzahlen drohen dem Bund neue Haushaltsrisiken. So hat die Bundesanstalt für Arbeit (BA) in den ersten beiden Monaten des Jahres ein deutlich höheres Defizit verbucht als ein Jahr zuvor. Nach eigenen Angaben hat die Nürnberger Behörde bis Ende Februar 1,5 Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Im Vorjahr hatte das Minus zum gleichen Zeitpunkt bei 666 Millionen Euro gelegen. Auch die Rentenversicherer warnen bei ungünstiger Wirtschaftsentwicklung vor weiter steigenden Rentenbeiträgen. Wenn sich die Einnahmen ähnlich schlecht wie 2002 entwickeln, könnte der Beitrag zum Jahreswechsel auf 19,9 Prozent steigen, teilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) am Donnerstag mit.

Damit wird es für die Bundesregierung deutlich schwerer, die Lohnnebenkosten schnell unter 40 Prozent zu senken. Derzeit liegen sie bei über 42 Prozent. Erst zu Beginn des Jahres waren die Rentenbeiträge von 19,1 auf 19,5 Prozent gestiegen. Auch das Ziel von BAChef Florian Gerster, in diesem Jahr ohne einen Bundesausschuss auszukommen, wird unwahrscheinlicher.

Das bisherige Defizit könne nicht auf das Gesamtjahr hochgerechnet werden, teilte die Nürnberger BA mit. Der Rückgang der saisonalen Arbeitslosigkeit im Frühjahr werde die Ausgaben sinken lassen. Mitte des Jahres wolle der Vorstand einschätzen, wie hoch der Fehlbetrag im Gesamtjahr ausfallen werde. Laut BfA-Präsident Herbert Rische haben auch in der Rentenversicherung die Einnahmen im Januar und Februar unter Plan gelegen. Aus den ersten zwei Monaten könnten jedoch noch keine Schlüsse auf die Entwicklung der Beitragseinnahmen im Verlauf des ganzen Jahres gezogen werden.

Der stellvertretende BfA-Vorsitzende Christian Zahn warnte, der Abbau von Überstunden durch Arbeitszeitkonten könne ebenso wie die Zunahme von Niedriglohnjobs „erhebliche Auswirkungen“ auf die Rentenkassen haben. Weitere Einnahmen könnten fehlen durch die Förderung der privaten Altersvorsorge: Arbeitnehmer, die einen Teil ihres Lohns für die private Vorsorge aufwenden, müssen dafür bis zu einer bestimmten Höhe keine Sozialbeiträge zahlen. Auch mit der geplanten Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau drohen den Rentenkassen spätestens ab 2004 weiter sinkende Einnahmen.

Die BfA legte am Donnerstag erstmals ein ergänzendes Szenario zu den Kalkulationen der Bundesregierung vor: Die geht von einem Wirtschaftswachstum von einem Prozent in diesem Jahr aus und liegt damit über den Prognosen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Den Rechnungen der BfA liegt dagegen ein Wachstum von 0,6 Prozent zugrunde. Sollten die Regierungsannahmen eintreffen, könne der Beitragssatz unverändert bei 19,5 Prozent bleiben, sagte Zahn. Es sei aber auf keinen Fall davon auszugehen, dass es im kommenden Jahr zu einer Senkung des Beitragssatzes kommen könne. Im Negativ-Szenario der BfA würden die Beiträge erst 2006 wieder von 19,9 auf 19,7 Prozent sinken.

Bei schlechter wirtschaftlicher Entwicklung befürchten die Rentenversicherer in diesem Jahr Zahlungsengpässe. Die Notreserve der Rentenkassen, mit der Schwankungen im Jahresverlauf ausgeglichen werden können, erreichte Ende 2002 nur 63 Prozent einer Monatsausgabe. In diesem Jahr könnte sie im schlimmsten Fall zum Jahresende auf 38 Prozent absinken. Im traditionell schwachen Monat September könnte die Reserve nahezu aufgebraucht sein.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte erneut eine Nullrunde für die 19,5 Millionen Rentner. „Damit kann die Beitragsanhebung in einer Größenordnung von ungefähr 0,3 Prozent und ein Überschreiten der 20-Prozent-Grenze verhindert werden“, sagte Hundt. Dies sei ein Beitrag zur „Generationengerechtigkeit“. Die Renten werden nach noch vorläufigen Zahlen der BfA zum 1. Juli im Westen voraussichtlich um 1,28 Prozent und im Osten um 1,45 Prozent steigen.

-

Zur Startseite