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Arbeiten: Chatten statt Schuften

Zwischen den Festtagen wird in wenigen Betrieben richtig gearbeitet. Die Deutschen sind dabei besonders träge, sagt eine Studie. Demnach räumen viele zwischen den Jahren lieber den Schreibtisch auf oder chatten.

Berlin - Die Antworten sprechen Bände. Befragt, welcher Filmtitel am ehesten ihrem Arbeitseifer zwischen Weihnachten und Neujahr entspricht, wählten die deutschen Arbeitnehmer Namen wie „Vanished“ („Entschwunden“), „Slackers“ („Faulenzer“) oder gar „Gone in 60 Seconds“ („Auf und davon in 60 Sekunden“). Für den Titel „Nine to five“ („Von neun Uhr bis fünf Uhr“) hingegen entschieden sich bei der Untersuchung, die der belgische Büro- und Konferenzraumvermieter Regus in Auftrag gegeben hat, nicht mal sechs Prozent.

Ihrem Ruf als gewissenhafte Arbeitnehmer machen die Deutschen so jedenfalls keine Ehre. Nur 29 Prozent der Befragten gaben an, zwischen Weihnachten und Neujahr sich genauso intensiv ins Zeug zu legen, wie sonst auch. Stattdessen planen mehr als 36 Prozent, sich um das Abheften von Akten und das Aufräumen des Schreibtischs zu kümmern. Rund 18 Prozent wollen ihren Terminplaner für das kommende Jahr vorbereiten. Zehn Prozent wollen nicht mal das, sondern lieber mit Freunden chatten, und immerhin drei Prozent geben zu, die Bürozeit mit dem Verkauf ungewollter Weihnachtsgeschenke zu verbringen. So hart zu arbeiten wie sonst auch – diese Absicht hegt nicht einmal ein Drittel der mehr als 1000 Befragten hierzulande.

Im internationalen Vergleich machen die deutschen Arbeitnehmer damit keine gute Figur. Während 38 Prozent der Briten auch zwischen den Feiertagen genauso eifrig schuften wollen wie im übrigen Jahr, sind es bei den Amerikanern gar 48 Prozent. Ursache für die fehlende Arbeitswut in Deutschland könnten die kaum gefüllten Arbeitsräume sein. Während die britischen und amerikanischen Büros am heutigen Heiligabend laut Studie im Schnitt zu 27 beziehungsweise 31 Prozent belegt sind, erscheinen in Deutschland 23 Prozent am Arbeitsplatz. Zwischen den Feiertagen sieht es etwas besser aus, alles in allem sei es jedoch immer noch zu wenig, um produktiv zu arbeiten, behauptet die Studie. Und „halb verwaiste Büros mit Heizung und Licht zu versorgen“ sei auch ökologisch nicht sinnvoll. Das Fazit der Untersuchung verwundert da nicht: „Arbeiten an Heiligabend 2007 ist für Unternehmen eine Verschwendung von Zeit- und Energieressourcen.“

Diese Ergebnisse der Studie findet Detlev Liepmann, Professor für Wirtschafts- und Sozialpsychologie an der Freien Universität Berlin, nachvollziehbar. Was den Arbeitseinsatz angeht, bestünden hierzulande allerdings deutliche Unterschiede zwischen produzierenden Betrieben, die feste Termine einhalten müssten, und Verwaltungsorganisationen, bei denen es nicht ganz so schlimm sei, wenn ein paar Tage etwas liegen bleibe. Dort verschärfe sich die Lage dann natürlich noch, wenn die Hälfte der Belegschaft fehle und bestimmte Ansprechpartner einfach nicht zu greifen seien. „Da bleibt einem dann mitunter gar nichts anders übrig, als schon das kommende Jahr zu organisieren.“

Manche Unternehmen haben mit ihren Mitarbeitern deshalb gleich eine Zwangspause vereinbart. Zum Beispiel die Bayer Schering Pharma AG, die in Berlin mehr als 5000 Menschen beschäftigt. „Zwischen dem 23. Dezember und 2. Januar wird bei uns nicht gearbeitet“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens. Nur Techniker, Wartungspersonal und Mitarbeiter, die an Projekten beteiligt seien, die keinen Aufschub dulden, würden auch zwischen den Feiertagen ins Büro kommen. Die Befürchtung, dass die Mehrheit der Angestellten in der fraglichen Zeit ohnehin nichts Produktives tut, sei jedoch nicht der Grund für die Übereinkunft. Vielmehr wolle man den Leuten ermöglichen, Weihnachten mit den Familien zu verbringen.

Für andere Unternehmen wie beispielsweise die Metro-Gruppe (Kaufhof, Media Markt, Saturn) kommt ein Arbeitsstopp allerdings nicht in Frage. „Bei uns heißt es: Alle Mann an Bord“, erklärt ein Sprecher des Konzerns – der in Berlin Arbeitgeber für rund 6000 Menschen ist. „Schließlich zählen die zwei, drei Tage nach den Weihnachtsfeiertagen zu den umsatzstärksten des Jahres.“ Grund dafür sind nicht zuletzt Bargeldgeschenke, die nach den Feiertagen auch in den Elektronikläden ausgegeben werden.

Die Siemens-Werke in Berlin bleiben am 24. und am 31. Dezember geschlossen. Ansonsten gebe es keine zentralen Regelungen für die rund 12 500 Berliner Mitarbeiter, heißt es dort. Zwischen den Feiertagen werde es in den Werken der Hauptstadt jedoch deutlich ruhiger zugehen. Erwartet wird eine Belegung von zehn bis 30 Prozent. Angestellte aus dem Vertrieb oder der Entwicklungsabteilung könnten mit Notebook und Telefonumleitung auch von zu Hause aus arbeiten.

Eingeschränkt gearbeitet wird auch bei Vattenfall. „Auf die Techniker können wir natürlich nicht verzichten, wenn wir nicht wollen, dass Berlin im Dunklen Weihnachten feiern muss“, heißt es aus der Firmenzentrale. Die Verwaltung käme jedoch mit weniger Personal aus.

Auf Weihnachtsstimmung müssen die Vattenfall-Techniker, die die Feiertage arbeitend verbringen, trotzdem nicht verzichten. Zu Heiligabend hat sich der Chef der Kraftwerksgruppe Ost, Peter Siegert, zum Weihnachtsbesuch angemeldet.

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