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Wirtschaft: Arbeitgeber wollen Azubis weniger zahlen Hundt: Zwei Lehrlinge sollen sich einen Lohn teilen

Berlin (vis). Um mehr jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen, hat Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt die Gewerkschaften aufgefordert, Abweichungen von den geltenden Tarifverträgen zuzulassen.

Berlin (vis). Um mehr jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen, hat Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt die Gewerkschaften aufgefordert, Abweichungen von den geltenden Tarifverträgen zuzulassen. Sein Vorschlag: Zwei Lehrlinge sollen sich eine Ausbildungsvergütung teilen. Voraussetzung dafür sei die Bereitschaft des Arbeitgebers, unter diesen Bedingungen zwei statt einen Lehrling einzustellen. Auch Günter Lambertz, Leiter des Referats Ausbildungsförderung beim Deutschen Industrie und Handelstag (DIHK) sagt: „Wir sehen bei der Ausbildungsvergütung durchaus eine Stellschraube, die man angehen sollte.“

DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun hatte bereits vor kurzem angesichts des großen Lehrstellenmangels Einschnitte bei der Ausbildungsvergütung um bis zu 20 Prozent gefordert. So seien Unternehmer auch in schwierigen Zeiten zu bewegen, zusätzliche Lehrstellen zur Verfügung zu stellen. Derzeit übersteigt die Nachfrage das Lehrstellenangebot um etwa 170000. Der DIHK sieht vor allem „im oberen Bereich der Vergütungen noch Potenzial für Kürzungen“, sagte Lambertz. Immerhin gibt es eine erhebliche Spanne: 197 Euro erhält ein Schneiderlehrling im Westen. Der Maurer gehört mit 789 Euro zu den besserverdienenden Azubis.

Werner Dostal vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nennt Hundts Vorschlag interessant. „Allerdings ist die Lehrlingsvergütung nie Gegenstand der Diskussion gewesen“, sage Dostal. „Die eigentlichen Hindernisse für neue Lehrstellen liegen woanders“, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den Branchen gebe. Für viele Betriebe sei bereits die Organisation der Ausbildung innerhalb des Betriebs schwierig. So gebe es wegen des Jugendschutzes Einschränkungen bei der Arbeitszeit, die Jugendlichen müssten zudem eine Anleitung bekommen und einmal in der Woche die Schule besuchen. Eine weitere Hürde seien die immer höheren Anforderungen, die an die Ausbildung gestellt würden. Das Spektrum sei oft so groß, dass viele Betriebe es in der eigenen Arbeit gar nicht abdecken könnten.

„Die größten Kosten sind ganz andere als die Vergütung der Lehrlinge“, sagte Dostal: die Kosten für den Ausbilder, für die nötige Infrastruktur und auch für die Suche nach dem richtigen Azubi. „Zudem schwingt auch noch die moralische Verpflichtung mit, die Jugendlichen nach der Ausbildung auch im Betrieb beschäftigen zu müssen“, sagte Dostal. Allerdings, so sagte er weiter, sei es nicht ausgemacht, dass die Ausbildung zweier Lehrlinge anstelle von einem für den Betrieb schwieriger oder teurer werde.

Die Gewerkschaft lehnte Hundts Vorschlag ab. DGB-Pressesprecher Markus Franz reagierte mit Ironie und riet, die Idee weiter auszubauen: „Nehmen wir das Beispiel der Friseurlehrlinge Ost, die 257 Euro pro Monat bekommen. Eine viergeteilte Vergütung würde nur noch rund 64 Euro pro Azubi kosten.“

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