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Wirtschaft: Arbeitsamt braucht doch Milliardenhilfe

Auch der März bringt keine Entspannung auf dem deutschen Arbeitsmarkt – Neue Mini-Jobs werden zum Erfolg

Berli n (pet/hej/ce). Angesichts der weiterhin dramatischen Lage auf dem Arbeitsmarkt  hat sich der Chef der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA), Florian Gerster, von seinen Zielen für dieses Jahr verabschiedet. Wegen des IrakKrieges, der weltweiten Angst vor der Lungenkrankheit Sars und dem wirtschaftlichem Stillstand rechnet er kaum noch mit einer durchgreifenden Belebung des Arbeitsmarkts für 2003. Inzwischen mehren sich Zweifel, ob die BA in diesem Jahr ohne Bundeszuschuss auskommen kann. Das könnte den Haushalt deutlich belasten.

Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit vom Donnerstag ist die Zahl der Arbeitslosen im März witterungsbedingt zwar um 98 300 auf 4,6 gesunken. Bereinigt um jahreszeitliche Einflüsse stieg die Erwerbslosenzahl jedoch um 52 000 auf mehr als 4,4 Millionen. Auch ein Blick in frühere Statistiken offenbart die unveränderte Dramatik der Lage: Noch nie in der Regierungszeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) fiel der Rückgang der März-Arbeitslosigkeit so gering aus wie in diesem Jahr.

Auf welch hohem Niveau sich die Arbeitslosigkeit inzwischen bewegt, zeigt auch der Abstand zum Vorjahr. Im März 2002 hatten noch 451 900 mehr Männer und Frauen einen Job. Zum letzten Mal hatten die Arbeitsämter einen so starken jahresbezogenen Anstieg kurz nach der Wiedervereinigung registriert. Entsprechend hoch war im März auch die Arbeitslosenquote. Sie ging nur um 0,2 Prozentpunkte auf 11,1 Prozent zurück. Vor einem Jahr lag sie noch bei 10,0 Prozent..

Die Prognose der Bundesanstalt von durchschnittlich 4,1 Millionen Arbeitslosen für 2003 hält deren Chef Gerster inzwischen für nicht mehr haltbar.  Dies wird auch zunehmend ein Problem für Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), der bisher auf einen BA-Haushalt ohne Bundeszuschuss setzt. Gerster dagegen wird immer skeptischer: „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bundesanstalt einen Bundeszuschuss braucht, wächst“, sagte er. Ob und wie sehr Eichel die Bundesanstalt stützen müsse, wisse man aber erst im Sommer, sagte Gerster.

Auch die Gewerkschaften rechnen für 2003 mit einem Defizit bei der Bundesanstalt für Arbeit. Ein Bundeszuschuss sei „auch in diesem Jahr unausweichlich“, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Ursula Engelen-Kefer. Im vergangenen Jahr hatte der Bund 5,6 Milliarden Euro an die BA überwiesen. Schon in den ersten drei Monaten diesen Jahres zeichnet sich ein Defizit ab.

Als „Besorgnis erregend“ bezeichnete Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt insbesondere die Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt. DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock forderte den Bundeskanzler auf, sich für eine Zwangsausbildungsabgabe für Betriebe zu entscheiden.

Als wenig erfolgreiches Instrument im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit haben sich die Vermittlungsgutscheine erwiesen. Bislang haben laut BA nur sechs Prozent aller Gutschein-Empfänger mit der Unterstützung privater Vermittler einen Job gefunden. Seit der Einführung Ende März 2002 wurden von den 293 778 ausgegebenen Vermittlungsgutscheinen nur 17 999 eingelöst, vor allem in den neuen Bundesländern. Ein Sprecher der BA verwies darauf, dass es in einer konjunkturell schwierigen Phase mit hoher Arbeitslosigkeit auch für private Firmen schwierig sei, Menschen in Arbeit zu bringen. Beim Bundesverband Personalvermittlung spricht man von einem „Flop“.

Wer mindestens drei Monate arbeitslos ist, kann beim Arbeitsamt einen Gutschein erhalten, mit dem er einen privaten Vermittler seiner Wahl mit der Suche nach einem Job beauftragen kann. Für den Vermittler winkt eine Prämie zwischen 1500 und 2500 Euro, je nach der Dauer der Arbeitslosigkeit.

Anders als auf dem regulären Arbeitsmarkt könnte es dagegen bei den Mini-Jobs einen Boom geben. Nach Angaben der Bundesknappschaft in Cottbus, die die Mini-Jobs verwaltet, ist das Interesse unerwartet groß. „Wir haben eine riesige Nachfrage“, sagte eine Sprecherin der Bundesknappschaft dem Tagesspiegel. Seitdem die Knappschaft ihre Service-Telefone Anfang März freigeschaltet hat, sind nach Angaben der Sprecherin schon über 250 000 Anfragen eingegangen, ein Drittel davon von kleineren Betrieben. Auch konkrete Anmeldungen seien bereits eingegangen. Die genaue Zahl konnte die Sprecherin aber noch nicht beziffern.

Seit dem 1. April können Arbeitgeber Mitarbeiter auf 400-Euro-Basis beschäftigten und führen pauschal zwölf Prozent des Lohns an die Rentenversicherung, elf Prozent an die Krankenversicherung und zwei Prozent Lohnsteuer ab. Die Bürokratie wird auf Wunsch von der Mini-Job-Zentrale übernommen. Für eine genaue Einschätzung des Erfolgs sei es noch zu früh, heißt es bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Aber: „Wir gehen eher davon aus, dass neue Stellen entstehen“, sagt die Sprecherin.

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