zum Hauptinhalt

Arbeitsmarkt: Aufschwung Ost

Jede vierte deutsche Firma will Mitarbeiter einstellen. Die Stimmung ist so gut wie zuletzt nach der Wiedervereinigung – besonders in Ostdeutschland.

Berlin - Die deutschen Unternehmen wollen im laufenden Aufschwung so viele neue Arbeitsplätze schaffen wie seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr. Etwa jedes vierte Unternehmen wolle in diesem Jahr neue Mitarbeiter einstellen, berichtete der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am Dienstag aus dem Ergebnis seiner aktuellen Konjunkturumfrage unter 20 000 Firmen. Damit häufen sich die Anzeichen für einen anhaltenden Beschäftigungsboom in Deutschland. Am Dienstag teilte auch der Handwerksverband ZDH mit, er erwarte 2007 zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder einen Job-Zuwachs.

Bereits am Montag hatte der Bundesverband der Deutschen (BDI) Industrie eine Mittelstandsumfrage präsentiert, wonach jedes dritte Unternehmen in diesem Jahr seine Beschäftigtenzahl ausbauen will. Auch Wirtschaftsforscher sind optimistisch. „Wir sind überzeugt, dass der Arbeitsplatzaufbau auch 2008 und 2009 weitergehen wird“, sagte Hans Jäckel, Chefvolkswirt der DZ-Bank dem Tagesspiegel. „Wir können bei der Arbeitslosigkeit noch einen gewaltigen Fortschritt machen und die drei Millionen sehen.“ Im Mai lag die offizielle Arbeitslosenzahl für Deutschland bei 3,8 Millionen.

Der DIHK rechnet auf Basis seiner aktuellen Umfrage mit einem stärkeren Abbau der Arbeitslosigkeit als bisher. „Die Arbeitslosenzahl dürfte sich im Jahresdurchschnitt um 700 000 verringern“, sagte DIHK-Geschäftsführer Martin Wansleben. Dies würde einen Rückgang von knapp 4,5 Millionen im Jahresdurchschnitt 2006 auf unter 3,8 Millionen in 2007 bedeuten. Bislang hatte der Verband mit einem Rückgang von 500 000 gerechnet. Zehntausende Stellen könnten nicht besetzt werden, weil Ingenieure und Fachkräfte fehlten.

„Die Unternehmen in Deutschland sind so zuversichtlich wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr“, sagte Wansleben. Der Verband hob zum zweiten Mal seit Herbst seine Prognose für das Wirtschaftswachstum an und erwartet nun 2,8 Prozent in diesem Jahr. Die Konjunktur zeige sich stabil wie selten zuvor.

Insgesamt bezeichneten der Umfrage zufolge 45 Prozent der Firmen ihre Geschäftslage als gut, nur zehn Prozent als schlecht. Jede dritte Firma rechnet mit besseren Geschäften. Laut DIHK hat die Wirtschaft die Mehrwertsteuererhöhung überraschend schnell weggesteckt. In den nächsten Monaten sei sogar mit einem höheren Wachstumstempo zu rechnen, da konsumnahe Bereiche wie der Autohandel nach dem Steuerdämpfer Nachholbedarf hätten.

DIHK-Chefvolkswirt Axel Nitschke sagte, beim Wirtschaftsaufschwung werde neben den Zuwächsen bei Export und Investitionen jetzt mit dem privaten Konsum die dritte Stufe gezündet. Große Zuversicht herrscht in Ostdeutschland. Dort könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit drei Prozent sogar stärker als im Westen zulegen. „Erstmals seit dem Herbst 1994 weisen sowohl die Bauwirtschaft als auch der Handel im Osten bei ihren Erwartungen ein Positivsaldo aus.“ Dies könnte auch zu mehr Stellen führen.

In der Metall- und Elektroindustrie ist dies schon geschehen. Dort wächst die Zahl der neuen Arbeitsplätze derzeit überproportional. Ende März gab es in der Branche in den neuen Ländern rund 20 000 Stellen mehr als ein Jahr zuvor, teilte der Arbeitgeberverband Gesamtmetall am Dienstag in Berlin mit. Damit stieg die Beschäftigung im Osten um rund fünf Prozent auf 388 000 Stellen. Im Westen, wo rund 40 000 Stellen geschaffen wurden, stieg die Beschäftigung lediglich um gut ein Prozent auf 3,06 Millionen.

Die gute Konjunktur sorgt deutschlandweit auch für einen anhaltenden Rückgang der Firmenpleiten. Im ersten Halbjahr 2007 meldeten insgesamt 14 100 Betriebe Insolvenz an, teilte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Dienstag mit. Das waren 14,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Dagegen gab es erneut mehr Verbraucherinsolvenzen. mit dpa

Stefan Kaiser

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false