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Die Zahl der Arbeitslosen ist im Mai erneut gesunken.

© dpa

Arbeitsmarkt: Das Ende der Dynamik

Der Rückgang der Arbeitslosigkeit schwächt sich erstmals seit langem ab. Berlin schlägt sich besser, ist aber trotzdem immer noch Schlusslicht.

Von Maris Hubschmid

Nürnberg - Wer nach guten Nachrichten sucht, der wird im neuen Bericht der Bundesagentur für Arbeit (BA) fündig: So wenige Arbeitslose wie in den zurückliegenden Wochen gab es im Mai in Deutschland zuletzt vor 20 Jahren. Die Behörde zählte 2,855 Millionen, das waren 108 000 Erwerbslose weniger als im April. Die Quote verringerte sich damit um 0,3 Prozentpunkte auf 6,7 Prozent. Besonders erfreulich: Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung legte zu. Positive Entwicklungen wurden in allen Bundesländern und allen Branchen verzeichnet. Nur im öffentlichen Dienst, sagte der Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-Jürgen Weise, würden Arbeitsplätze abgebaut.

Kaum besser als im Vorjahr

Das ist nicht der einzige Wermutstropfen. Im Vergleich zum vergangenen Vierteljahr, wo sich die Erwerbslosenzahl von Monat zu Monat um durchschnittlich 136 000 verringert hatte, ist der Rückgang diesmal deutlich niedriger ausgefallen. „Diese Abschwächung ist saisonüblich“, sagte der BA-Chef. Kein Grund zur Aufregung also – ein ganz normaler Wert. Genau den hatte in Nürnberg aber niemand präsentieren wollen. Er bedeutet, dass der konjunkturelle Aufschwung im Land nicht mehr ausreicht, um die Arbeitslosigkeit über die üblichen jahreszeitlichen Schwankungen hinaus zu senken. Während die Bilanz im April mit 264 000 Erwerbslosen weniger noch deutlich besser ausfiel als 2011, konnte der Vorjahreswert im Mai nur noch um 105 000 unterschritten werden. Betrachtet man die durchschnittlichen Saisonwerte der vergangenen drei Jahre, fiel der Rückgang diesmal sogar um ein Drittel geringer aus. Anzeichen für eine Wende zum Schlechten gebe es aber trotzdem nicht, beruhigte Weise. Die positive Grundtendenz auf dem Markt habe zwar nachgelassen, für das Gesamtjahr erwarte die BA aber weiterhin einen leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit.

Berlin holt auf

Vergleichsweise gut hat sich – wenn auch vom schlechtesten Ausgangsniveau aus – der Berliner Arbeitsmarkt entwickelt. Hier lag die Arbeitslosenquote mit 12,2 Prozent um 0,7 Prozentpunkte unter dem Vormonat, konnte also 0,4 Prozentpunkte auf den Bundesdurchschnitt gutmachen. Seit Jahresbeginn seien mehr als 34 000 neue Stellen gemeldet worden, sagte Dieter Wagon, Chef der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg. Das entspreche einem Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch in Brandenburg lag der Zuwachs an Beschäftigung über dem Mittel. Dort aber warnte Arbeitsminister Günter Baaske (SPD), die angespannte Lage in der Solarbranche könne sich bald negativ auswirken.

Gute Chancen für Jugendliche

Unberührt bleiben davon die Aussichten für Jugendliche. In Brandenburg stehen 2012 laut der Vereinigung der Unternehmensverbände nach jetzigem Stand 443 betriebliche Ausbildungsplätze mehr zur Verfügung als 2011, in Berlin sogar 1105. Bislang seien noch 12 915 Stellen unbesetzt, sagte Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck. „Wer eine Ausbildung gut abschließt, hat beste Berufsperspektiven in der Region“, ermunterte Baaske. Und nicht nur dort: Bundesweit lag die Zahl der Arbeitslosen zwischen 15 und 25 Jahren mit 11 380 auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung.

Kritik: Zu viele prekäre Jobs

Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bemängelte man die Qualität der Arbeitsplätze. „In Brandenburg arbeiten knapp 40 Prozent der Beschäftigten in Leiharbeit, Minijobs oder Teilzeit, auch in Berlin nehmen die geringfügigen Jobs zu“, sagte Doro Zinke, DGB-Vorsitzende für Berlin und Brandenburg. Berlins Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) äußerte sich erfreut über die neuen Zahlen, wies aber auf fast 76 000 Langzeitarbeitslose in der Stadt hin. „Wer Fachkräfte will, darf Langzeitarbeitslose nicht abschreiben“, appellierte sie an die Wirtschaft. Das richtet sich vor allem an die Metall- und Elektroindustrie, den Fahrzeug- und Maschinenbau und den Gesundheitssektor, wo derzeit Arbeitskräfte gesucht werden.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nannte die Lage am Arbeitsmarkt „stabil“. Grund für die abnehmende Dynamik seien die Risiken im Euro- Raum.

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