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Arbeitsmarkt: Der schnelle Transfer auf dem Arbeitsmarkt

NRW-Arbeitsminister Schartau will Arbeitslose nach der Kündigung sofort qualifizieren und auf neue Tätigkeiten vorbereiten

Roger Oebel unterbricht seinen Gesprächspartner sofort. "Nein, nein", fällt er ihm ins Wort, "die werden ja eben nicht entlassen, sie wechseln die Beschäftigung, ohne einen Tag auf der Straße gestanden zu haben". Mit diesem Satz hat er das Grundprinzip seiner Arbeit erklärt und gleich auf den wichtigsten Schlüssel zum Erfolg aufmerksam gemacht. "Niemand hat bei uns Zeit, sich ins Sofa fallen zu lassen", heißt das in seiner Sprache und Harald Schartau würde an dieser Stelle vermutlich nicken. Der Personalberater Roger Oebel macht, was der nordrhein-westfälische Arbeitsminister seit seinem Amtsantritt vor etwa einem Jahr predigt. Damals hatte er mit der Schlagzeile "Arbeitsminister will Arbeitslosigkeit ganz besiegen" bundesweit für Aufsehen gesorgt und nicht wenige hatten ihn deshalb belächelt.

Paul Schlötzel hat auch gelächelt, als er zum ersten Mal hörte, was sich Schartau auf die Programmfahne geschrieben hatte. Immerhin kannte er den neuen Minister aus der gemeinsamen Zeit bei der IG Metall, wo Schartau dem mächtigen Bezirk Nordrhein-Westfalen vorstand, bevor ihn Wolfgang Clement vor zwölf Monaten ins Kabinett holte. Als Betriebsrat der alteingesessenen Düsseldorfer Installateurfirma Ballauff hatte Schlötzel immer mal wieder mit Schartau zu tun gehabt und aus dieser Zeit wusste er, dass der Mann kein Träumer ist.

Am Ende des vergangenen Jahres meinte es das Schicksal nicht gut mit Paul Schlötzel und plötzlich wurde er zu einer der Hauptfiguren in einem Großversuch des neuen Ministers. Seine Firma Ballauff mit 50 Mitarbeitern am Standort Düsseldorf war konkursreif. Die Eigentümer mochten kein frisches Kapital für das Überleben nachschießen und die Belegschaft war in hohem Maße verunsichert. "Da kamen die ersten Pläne auf, den Übergang mit einer Transfergesellschaft zu meistern", erzählt Schlötzel.

Zu diesem Zeitpunkt kam Roger Oebel ins Spiel. Der Personalberater ist für die Peag tätig, die Personalentwicklungs- und Arbeitsmarktagentur mit Sitz in Dortmund. Sie war schon 1997 gegründet worden und hatte zunächst nur die Aufgabe, den Stahlstandort abzuwickeln. "Thyssen und Krupp wollten sich nicht einfach so aus der Region verabschieden, sondern hatten sich verpflichtet, den Mitarbeitern zu helfen, neue Jobs zu finden, sie zu qualifizieren", berichtet Oebel. Eigentlich hatte man die Arbeit in Dortmund nur für eine begrenzte Zeit aufnehmen wollen, aber inzwischen war man vom eigenen Erfolg überrollt worden. "Von vier uns überlassenen Arbeitnehmern haben wir in der Vergangenheit drei wieder in eine neue, dauerhafte Beschäftigung gebracht", lautet das durchschlagende Argument von Oebel.

Nachdem Schlötzel und Oebel sich kennen gelernt haben, mischt sich die Peag sofort bei Ballauff ein. Der Personalberater ist schon vor dem offiziellen Ende bei Ballauff in den Betrieb gegangen und hat Kontakt mit dem Beschäftigten aufgenommen. Von den 50 Mitarbeitern haben 16 ohne fremde Hilfe eine neue Arbeit gefunden, die restlichen 36 haben sich von dem Peag Angebot überzeugen lassen. "Die sind am ersten Tag nach dem Ende bei Ballauff in diesem Frühjahr hier bei uns im Büro erschienen, morgens um acht Uhr", erinnert sich Oebel. Dass sie pünktlich kommen hat erzieherischen Wert: "Es soll niemand das Gefühl haben, er könne sich jetzt hängen lassen". Oebel kümmert sich um jeden Einzelfall: "Jeder macht eine Bestandsaufnahme seiner Fähigkeiten, dann schauen wir, wo es Qualifikationsdefizite gibt".

Der eine wird zum 14tätigen Lehrgang bei der Innung geschickt, der andere bekommt eine Praktikumsstelle in einem Betrieb. Oebel ist stets in der Nähe und hilft mit mehr oder weniger sanftem Druck nach.. Bezahlt werden die früheren Ballauff Mitarbeiter vom Arbeitsamt, je nach Familienstand erhalten sie von dort zwischen 60 und 70 Prozent ihres früheren Nettogehaltes. Für die meisten der früheren Ballauff Mitarbeiter hat sich die Sache gelohnt: von den 36 ist praktisch nur eine ehemalige Mitarbeiterin ohne berufliche Perspektive geblieben und die muss, so haben die Berater herausgefunden, aus familiären Gründen nicht mehr arbeiten.

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