zum Hauptinhalt

Arbeitsmarkt: Erwerbslosenzahl erneut gesunken

Ein kräftiger Konjunkturaufschwung und der milde Winter haben die Arbeitslosigkeit binnen eines Jahres so stark sinken lassen wie noch nie zuvor seit Bestehen der Bundesrepublik. Bundesarbeitsminister Müntefering sieht das Ziel aber noch lange nicht erreicht.

Nürnberg/Berlin - Die Zahl arbeitsloser Männer und Frauen habe sich seit Februar 2006 um 826.000 verringert, teilte der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, mit. Insgesamt seien im Februar 4.222.000 Menschen erwerbslos gewesen. Dies seien 24.000 weniger als im Januar. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Punkte auf 10,1 Prozent.

Weise rechnet damit, dass sich die positive Entwicklung mindestens bis zum Jahresende 2007 fortsetzt. Auch Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) gab sich zuversichtlich: "2007 kann ein gutes Jahr werden, die Arbeitslosigkeit kann weiter deutlich zurückgehen", sagte er. Die BA rechnet inzwischen im Jahresdurchschnitt nur noch mit 4,0 Millionen Jobsuchern. Noch Anfang Januar war sie von einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 4,3 Millionen ausgegangen.

"Bilderbuch-Aufschwung"

Aus Sicht von Arbeitsmarktforschern erlebe Deutschland derzeit einen "Bilderbuch-Aufschwung", sagte Weise. Nachdem Unternehmen ihre Auftragsspitzen zunächst mit Überstunden, später mit befristeten Verträgen und Zeitarbeitskräften abgefangen hätten, stellten sie inzwischen wieder verstärkt Mitarbeiter fest ein. Rund die Hälfte der offenen Stellen seien inzwischen Vollzeitstellen; dagegen verliere die Zeitarbeit an Bedeutung. Nur noch jede vierte angebotene Stelle sei ein Zeitarbeitsjob.

Probleme mit Reihe von Arbeitslosengruppen

Zugleich warnte die BA-Führung vor einer Überbewertung der positiven Entwicklung im Winter. In gewisser Weise sei sie ein Vorziehen des Frühjahrsaufschwung. "In den eigentlichen Frühjahrsmonaten wird es daher nicht zu einer Frühjahrsbelebung in größerem Maße kommen", gab Weise zu bedenken. Dennoch sei die geringe Winterarbeitslosigkeit eine gute Ausgangsbasis für die Arbeitsmarktentwicklung in den kommenden Monaten.

Die stärksten Impulse für die gute Februar-Entwicklung kommen nach Erkenntnissen des BA-Chefs von der guten Konjunktur: Vom saisonbereinigten Rückgang der Arbeitslosen um 79.000 im Februar gehe rund die Hälfte auf das Konto der stabilen Wirtschaftslage. Aber auch das milde Wetter, die verbesserte Betreuung von Arbeitslosen und die verstärkte Überprüfung ihrer Arbeitsbereitschaft und -fähigkeit trage zu dem Rückgang bei. Entlastet worden sei der Arbeitsmarkt ferner von einem wachsenden Anteil von der aktiven Arbeitsmarktpolitik der BA, die im Februar ausgeweitet worden sei.

BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt räumte ein, dass längst nicht alle von der Entspannung auf dem Arbeitsmarkt profitierten. "Auch wenn im Moment die Konjunktursonne scheint, haben wir mit einer Reihe von Arbeitslosengruppen Probleme. Dazu gehören neben Geringqualifizierten, Älteren und Migranten auch Frauen." Auch sei die Zahl erwerbsloser Arbeitslosengeld-II-Empfänger erstmals seit Sommer 2006 nicht mehr gesunken.

Müntefering: Kein Grund zum Jubeln

Die nach wie vor schwierige Lage einzelner Gruppen ändere jedoch nichts an der positiven Gesamteinschätzung, die auch von der Beschäftigtenstatistik - dem Spiegelbild der Arbeitsmarktstatistik - gestützt werde. Danach ist die Zahl zwar im Januar saisonal um 688.000 auf 38,93 Millionen gesunken; bereinigt um Saisoneffekte habe sie jedoch um 25.000 zugenommen. Die Zahl der offenen Stellen stieg nach BA-Angaben im Februar mit 624.000 im Monatsvergleich leicht an und lag um gut ein Drittel über dem Vorjahreswert.

Trotz der guten Zahlen sieht Arbeitsminister Müntefering keinen Grund zum Jubeln: "Harte Arbeit für mehr gute Arbeit bleibt nötig." Zudem blieben die weltweiten Rahmenbedingungen labil. Wer die Zukunft am Arbeitsmarkt rosarot male, handle unverantwortlich. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erklärte, die Reformen der Bundesregierung und die Haushaltskonsolidierung wirkten. Die gute Wirtschaftslage müsse nun für weitere Reformen genutzt werden.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle machte hingegen vor allem das milde Winterwetter für die positive Arbeitsmarktentwicklung verantwortlich. Deutschland habe einen "Mallorca-Winter" gehabt. Strukturelle Probleme der Massenarbeitslosigkeit seien weiterhin nicht gelöst. Vertreter der Linkspartei im Bundestag beklagten die ihrer Ansicht nach geringen Erfolge bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht noch keinen selbst tragenden Aufschwung. (tso/dpa)

Zur Startseite