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Arbeitsmarkt: Personalchefs warnen vor Jobabbau

Aus Angst vor einem massiven Jobabbau gehen jetzt die Personalchefs in die Offensive. In einem Aufruf warnen sie Unternehmen vor "Stellenabbau-Aktionismus" und fordern von der Politik Erleichterungen bei der Kurzarbeit.

Stuttgart - Die in der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) zusammengeschlossenen Personalchefs – unter anderem von Audi, BASF, Daimler, Eon, MAN, RWE, Siemens und Bosch aber auch von Familienbetrieben wie Drägerwerk und Trumpf – mahnen aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, als im Abschwung viel zu früh und viel zu vielen Beschäftigten gekündigt wurde. „Wenn wir jetzt Know-How-Träger in den Unternehmen verlieren, fehlen sie uns bei der Entwicklung neuer Technologien und im Aufschwung bei der Produktion der neuen Fahrzeuge“, sagte Daimler-Personalchef Günther Fleig. Wissen, Können und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter dürften nicht durch voreilige kostengetriebene Maßnahmen aufs Spiel gesetzt werden und zukünftiges Wachstum gefährden.

Diese Argumentation könnte auch glatt von Daimler-Betriebsratschef Erich Klemm kommen. Aber was wie verkehrte Welt scheint, ist nur Ausdruck neuen Denkens in den Unternehmen. „Bei der Krise Anfang der 90er Jahre kamen beim Thema Kurzarbeit der Betriebsrat mit einem Forderungskatalog und der Personalchef mit seinen Forderungen. Dann gingen beide Seiten aufeinander los“, erinnert sich der Personalchef des Laser-Weltmarktführers Trumpf, Gerhard Rübling, „Heute arbeiten wir die Pläne gemeinsam mit dem Betriebsrat aus.“ Bei Trumpf sei die Auftragslage in den vergangenen Jahren allerdings so gut gewesen, dass die Beschäftigten auf ihren Arbeitszeitkonten bis zu 300 Stunden gut geschrieben hätten, die jetzt noch abgebaut werden müssten. „Wir haben noch einen Puffer bis zur Kurzarbeit“, sagte Rübling.

Abgesehen davon werde häufig bei Entlassungen nicht richtig und zu kurzfristig gerechnet, betonte Fleig. Personalabbau mit betriebsbedingten Kündigungen sei sehr schwierig und langwierig, schon allein, weil jeder einzelne dagegen vor dem Arbeitsgericht klagen kann. Sozialpläne mit hohen Abfindungen seien zudem ausgesprochen teuer. Beim Kostenvergleich hat Fleig errechnet, dass Kurzarbeit in den Betrieben mittlerweile länger als sechs Monate, zum Teil sogar hochgerechnet über weit mehr als ein Jahr die günstigere Lösung gegenüber großen Personalabbauprogrammen sei.

Nur rund 60 Prozent der Unternehmen in Deutschland nutzen derzeit überhaupt Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten, ergänzte DGFP-Geschäftsführer Gerold Frick. Diese Firmen seien jetzt viel schneller zu Kündigungen gezwungen.

An die Bundesregierung appellierte der Verband, die Bedingungen für Kurzarbeit weiter zu lockern, die Limitierung von Arbeitszeitkonten aufzuheben und Weiterbildung von Mitarbeitern zu erleichtern. Offensichtlich haben die Personalchefs bereits Gehör gefunden. Daimler-Personalchef Fleig war vor gut einer Woche bereits bei Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Ohne dass eine Gesetzesänderung nötig ist, soll künftig Kurzarbeit auch dann schon möglich sein, wenn die Arbeitszeitkonten noch nicht im Minus sind. Bislang war dies eine Bedingung für die Genehmigung von Kurzarbeit.

Auch durfte beispielsweise nach Einführung einer Vier-Tage-Woche in der Kurzarbeit nicht der fünfte Tag zur Weiterbildung genutzt werden. Gerade im Abschwung sei aber mehr Zeit, die Qualifikation der Beschäftigten zu erhöhen als in Zeiten von hohem Auftragsdruck.

Die 30 Dax-Unternehmen haben bereits erklärt, auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten zu wollen. Arbeitsminister Scholz sicherte bei dem Treffen zu, die Unternehmen sollten unterstützt werden, ihre Absichten auch umsetzen zu können. mwb (HB)

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