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Wirtschaft: Arbeitsmarktpolitik: Arbeitgeber fordern Reformen

Im Streit um Wege zu mehr Beschäftigung fordern die Arbeitgeber schnellere und umfassendere Reformen der Arbeitsmarktpolitik. Die Bundesregierung laboriere zu sehr an den Symptomen und heile das Kernproblem nicht, kritisierte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Im Streit um Wege zu mehr Beschäftigung fordern die Arbeitgeber schnellere und umfassendere Reformen der Arbeitsmarktpolitik. Die Bundesregierung laboriere zu sehr an den Symptomen und heile das Kernproblem nicht, kritisierte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt im Gespräch mit dem Handelsblatt. "Es fehlen ausreichende Anreize zur Arbeitsaufnahme", sagte er. Ursache sei die große Schere zwischen Brutto- und Nettoeinkommen.

Arbeitslosengeld nur für zwölf Monate

Zugleich lobte der Arbeitgeberpräsident die Absicht der Regierung, Langzeitarbeitslose stärker zu fördern, aber auch strengeren Pflichten zu unterwerfen. Hundt: "Wir brauchen schärfere Sanktionen, die strikter angewendet werden müssen, wenn jemand zumutbare Arbeit ablehnt." Seiner Ansicht nach reicht dies aber nicht aus. Er forderte, dass Rot-Grün in weiteren Bereichen die Regeln für Arbeitslose strenger fasst.

"Erstens muss das Arbeitslosengeld auf zwölf Monate befristet werden", sagte Hundt. Zurzeit beträgt die maximale Bezugsdauer 32 Monate. Zweitens müsse bei der Arbeitsvermittlung die Grenze gesenkt werden, bis zu der ein Stellenangebot als zumutbar gilt, so dass auch geringer qualifizierte und entlohnte Jobs angenommen werden müssten. "Und schließlich gilt es, einen arbeitsfördernden Abstand zwischen den unteren Lohngruppen und der Sozialhilfe herzustellen." Hintergrund: Nach Ansicht von Arbeitsmarktexperten lohnt es sich bei den derzeitigen Sozialleistungen kaum, einen Job zwischen 630 und etwa 2300 Mark brutto anzunehmen.

Hundt begrüßte, die Regierung bewege sich in die richtige Richtung: "Es freut mich besonders, dass der Arbeitsminister jetzt öffentlich unsere langjährige Forderung nach Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe aufgegriffen hat", sagte er. Der Zeitplan der Bundesregierung, damit bis 2006 zu warten, sei aber zu wenig anspruchsvoll.

Den CDU-Vorschlag hingegen, bei der Arbeitslosenversicherung Wahltarife einzuführen, hält der Arbeitgeberpräsident für nicht ausreichend durchdacht. Er berge die Gefahr, dass junge Menschen mit einem geringen Arbeitsplatzrisiko einen billigen Tarif wählten und somit die Älteren und gering Qualifizierten eine höhere Belastung allein tragen müssten. Dies höhle die finanzielle Basis der Arbeitslosenversicherung aus.

Einen neuen Anlauf der Regierung forderte Hundt beim Kombilohn für Langzeitarbeitslose im Niedriglohnsektor. "Die bisherigen Pilotprojekte des Bündnisses für Arbeit sind so entworfen, dass sie nicht ausreichend erfolgreich sein können", sagte er. Zwar begrüße er ausdrücklich, dass mit den Modellversuchen der Kombilohn vergangenes Jahr endlich auf die politische Agenda gesetzt worden sei. Zugleich aber wandte er ein: "Die Betroffenen fahren weiterhin besser, wenn sie schwarz beim Nachbarn ab und zu das Auto waschen oder den Rasen mähen." Der Arbeitgeberpräsident forderte: "Wir müssen in Deutschland endlich einen breitflächigen Kombilohn einführen, wie ihn auch die Wissenschaft empfiehlt." Dies könne eine der Hauptursachen für die Langzeitarbeitslosigkeit beseitigen, nämlich dass sich gering bezahlte Jobs für die Betroffenen finanziell nicht rechneten. Ihnen bleibe wenig vom Lohn übrig, weil fast alles auf die Arbeitslosen- oder Sozialhilfe angerechnet werde.

Hundts Vorstoß kommt zu einer Zeit, da die Kombilohnmodelle des Bündnisses zu subventionierten Niedriglohnjobs vor dem Scheitern stehen. Ein halbes Jahr nach ihrem Start sind in den vier beteiligten Bundesländern Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen jedoch gerade mal 190 neue Jobs entstanden. Die wissenschaftlichen Berater des Bündnisses hatten sich für Erleichterungen bei den Sozialabgaben für Geringverdiener ausgesprochen, zugleich aber die Streichung anderer Programme der aktiven Arbeitsmarktpolitik gefordert. Hundt sprach von einer Opposition der Gewerkschaften im Bündnis, die diesen Paradigmenwechsel verhindern wollten.

Warnung vor Negativszenarien

Mit Blick auf die Tarifrunde im kommenden Jahr forderte Hundt, Arbeitgeber und Gewerkschaften sollten im Bündnis für Arbeit wie schon vergangenes Jahr tarifpolitische Grundlinien festlegen. Die Absage der IG Metall an eine solche Vereinbarung sei nicht nachvollziehbar, kritisierte Hundt. Ziel der Runde sei schließlich, die Beschäftigung in Deutschland zu verbessern. Einen entscheidenden Beitrag dazu leiste nun mal die Tarifpolitik.

Auf eine Prognose über den Tarifabschluss 2002 wollte sich Hundt nicht einlassen. Dafür sei es noch zu früh. Besorgt zeigte er sich über die pessimistischen Konjunkturprognosen. "Ich warne vor Negativszenarien", stärkte er Bundeskanzler Schröder den Rücken. Trotz einer gewissen Abschwächung sei die Konjunktur robust.

huh

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