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Auf Augenhöhe. Arbeitnehmer haben verschiedene Möglichkeiten in Betrieben ihre Interessen zu vertreten.

© Christian Charisius/dpa

Arbeitsrecht: Engagieren für alle

Welche Rechte Mitarbeiter haben, die wegen einer Betriebsratsgründung Stress mit dem Chef bekommen, erklärt die DGB-Arbeitsrechtlerin Marta Böning.

Unsere Leserin fragt: Ich bin Mitarbeiterin einer kleinen Internetfirma mit 17 Mitarbeitern. Jetzt habe ich Ärger mit meinem Chef, weil er mitbekommen hat, dass ich einen Betriebsrat gründen möchte. Leider habe ich einen befristeten Vertrag, der in einem Jahr endet und ich fürchte jetzt, dass er deshalb nicht verlängert wird. Wie sollte ich jetzt weiter vorgehen?

Marta Böning vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) antwortet: Die Gründung eines Betriebsrats ist eine wichtige Entscheidung. Denn ein Betriebsrat, also die Vertretung der Interessen von Beschäftigten im Betrieb, besitzt eine Reihe von Rechten, um sich für Angelegenheiten der gesamten Belegschaft, aber auch für die einzelner Personen, etwa bei einer Kündigung, einzusetzen. Über seine gesetzlich gesicherten Beteiligungsrechte kann der Betriebsrat beeinflussen, wie Arbeitsbedingungen gestaltet werden, etwa Eingruppierungsfragen oder Urlaubsplanung, und schützt die Belegschaft vor willkürlichen Unternehmensentscheidungen.

Geregelt sind die Gründung und die Arbeit von Betriebsräten im Betriebsverfassungsgesetz, kurz: BetrVG. Dieses Gesetz sieht vor, dass in Betrieben mit mindestens fünf aktiv wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Betriebsrat gewählt werden kann. Was wie eine Regel klingt, ist jedoch statistisch gesehen eine Ausnahme: Nur knapp ein Zehntel aller betriebsratsfähigen Betriebe in Deutschland hat einen Betriebsrat.

Die Erfahrung, die Sie beschreiben, ist leider keine Seltenheit: Obwohl es strafbar ist, Betriebsratswahlen zu behindern, versuchen nicht wenige Arbeitgeber die Gründung von Betriebsräten mit allen Mitteln zu unterbinden. Deshalb gibt es für diejenigen, die an den Betriebsratswahlen beteiligt sind, einen besonderen Schutz vor Kündigungen. So werden die ersten drei Arbeitnehmer, die die Initiative zur Gründung eines Betriebsrats ergriffen haben, bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses vor Kündigung geschützt. Weiterreichende Schutzregeln gelten für diejenigen, die als Wahlvorstand die Betriebsratswahlen durchführen oder als Mitglieder des Betriebsrats kandidieren und gewählt werden.

In Ihrem konkreten Fall ist die Situation allerdings komplizierter: Der Schutz vor Kündigung bedeutet nicht, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis automatisch über den vereinbarten Beendigungszeitpunkt hinaus fortgesetzt wird. Sollten Sie zum Betriebsrat gewählt werden, dürfen sie allerdings nicht aufgrund Ihrer Tätigkeit benachteiligt werden: Ihr Arbeitgeber darf Ihnen nicht aus diesem Grund den Abschluss eines Folgevertrags verweigern. Im Zweifelsfall ist es aber an Ihnen, die Benachteiligung zu belegen, das heißt, die Tatsachen vorzubringen, die darauf schließen lassen, dass der Arbeitgeber einen Folgevertrag gerade wegen der Betriebsratstätigkeit verweigert.

Ich kann Ihnen und Ihren Kollegen nur dazu raten, die für Ihre Branchen zuständige Gewerkschaft aufzusuchen: Dort finden Sie Unterstützung und Antworten auf Ihre Fragen rund um die Betriebsratsgründung.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

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