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Eine Hand steckt eine Karte in ein Arbeitszeiterfassungsgerät, eine so genannte Stechuhr.

© picture-alliance/ dpa

Arbeitswelt: Immer mehr Freizeit gewonnen

Früher richtete sich die Arbeitszeit nach den Grenzen der Natur. Heute hebt die Digitalisierung sämtliche Grenzen auf. Ein historischer Abriss.

Vor ein paar hundert Jahren, als die Mehrheit der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeitete, richtete sich die Arbeitszeit nach den Grenzen der Natur: Ging die Sonne auf, wurde geschuftet. Ging sie unter, war Schlafenszeit. Im Sommer wurde länger gearbeitet als im Winter.

Im Zuge der Industrialisierung, die im 18. Jahrhundert in England begann, wurde mit Gas und Strom künstliche Beleuchtung geschaffen. Arbeit wurde so auch ohne natürliches Licht möglich. Immer mehr Maschinen und Fabriken entstanden. Gleichzeitig gab es keine gesetzlichen und tariflichen Schranken. Die Löhne waren wegen des Überangebots sehr gering, Arbeitstage von 16 Stunden und mehr waren üblich, die Lebenserwartung der Arbeiter kurz. Entsprechend war die Begrenzung der Arbeitszeit eine der Hauptforderungen der aufkommenden Arbeiterbewegung.

Der Beginn des Acht-Stunden-Tages

In England wurde im 19. Jahrhundert der Zehnstundentag durchgesetzt. In Deutschland kam es dazu Anfang des 20. Jahrhunderts mit Unterstützung der Gewerkschaften. Die Arbeitswoche war damals noch sechs Tage lang. Eine Folge der Novemberrevolution in den Jahren 1918/19 war die gesetzliche Festschreibung des Acht-Stunden-Tages in Deutschland.

Die Reduzierung auf fünf Arbeitstage in der Woche wurde 1955/56 in der Bundesrepublik schrittweise realisiert. 1965 folgte die 40-Stunden-Woche. In der DDR wurde die Fünf-Tage-Woche ein Jahr später erst einmal für jede zweite Woche festgesetzt. Durch den Ministerratsbeschluss vom 3. Mai 1967 galt sie dann ab August 1967 für jede Woche. Dafür wurden einige, vornehmlich christliche, Feiertage abgeschafft. In der Bundesrepublik wurde in den 1990er Jahren schrittweise die 35-Stunden-Woche in der Metallindustrie eingeführt. Seit Ende der 1990er Jahre wurde die Arbeitszeitverkürzung dann aber vielfach wieder zurückgenommen und die Arbeitszeit kann auf bis zu 42 Stunden verlängert werden. Im vergangenen Jahr machten die Deutschen insgesamt rund 1813 Millionen Überstunden. Mehr als im Jahr davor.

Arbeiten im digitalen Zeitalter

Das Arbeitszeitgesetz von 1994, das noch heute gilt, schreibt vor: eine „werktägliche“ Arbeitszeit von acht, ausnahmsweise zehn Stunden, eine Pause von mindestens 30, wenn nicht gar 45 Minuten. Außerdem elf Stunden Ruhezeit zwischen zwei Einsätzen. Momentan steht eine Novelle des Gesetzes zur Debatte: Arbeitgeber haben die Bundesregierung schon vor einem Jahr dazu aufgefordert, die Regelungen zu Arbeitszeit und Ruhephase aufzuweichen. Gewerkschaften protestierten – und tun es noch.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) möchte in diesem Herbst das Weißbuch „Arbeiten 4.0“ veröffentlichen, in dem die Ergebnisse einer breiten Debatte über die Arbeitswelt im digitalen Zeitalter vorgestellt werden sollen. Auf dieser Grundlage soll beraten werden, wo gesetzlicher Änderungsbedarf besteht und ob es Veränderungen bei der täglichen Höchstarbeitszeit gibt.

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