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Aussicht auf gute Ernte. Maisanbau in Argentinien.

© dpa

Argentinien und seine Staatsschulden: Das Poker um Milliarden geht weiter

Argentinien will seine milliardenschweren Schulden bei Hedgefonds nicht begleichen. Dem südamerikanischen Staat droht aber dennoch keine Pleite, sagen Finanzexperten

Dem wegen offener Schulden unter Druck geratenen Argentinien droht nach Auffassung deutscher Wirtschaftsexperten in absehbarer Zeit keine erneute Staatspleite wie im Jahr 2001. „Von Zahlungsunfähigkeit der Argentinier kann gar keine Rede sein“, sagte Federico Foders, Professor für Volkswirtschaftslehre und Leiter des Zentrums Fundraising und Außenbeziehungen am Institut für Weltwirtschaft (IfW), dem Tagesspiegel. „Zahlungsunwillen würde die Umstände treffender beschreiben.“

Argentinien hat Devisenreserven in Höhe von 29 Milliarden US-Dollar

Zum einen verfüge der südamerikanische Staat mit 29 Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 21,3 Milliarden Euro) über ausreichende Devisenreserven. Zum anderen könne das Land infolge einer guten Ernte mit zusätzlichen Erträgen aus landwirtschaftlichen Exporten rechnen. Rund zwei Drittel seines Bruttoinlandproduktes erwirtschaftet Argentinien mit der die Ausfuhr von Agrarprodukten. Zudem verfüge das Land über die zweitgrößten Schieferöl- und Schiefergasreserven der Welt – beides Bodenschätze, die hohe Erträge versprechen.

Die US-Justiz hat den südamerikanischen Staat zur Rückzahlung der Milliardenschulden verurteilt

Argentinien muss zwei Hedgefonds nach dem Urteil des New Yorker Richters Thomas Griesa allerspätestens bis zum 31. Juli insgesamt 1,5 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 1,1 Milliarden Euro) zurückzahlen. Allerdings hat sich das Land bislang nicht auf die Rückzahlung der Schulden eingelassen. Unter den Gläubigern Argentiniens ist das New Yorker Unternehmen NML Capital des US-Milliardärs Paul Singer, das seinen Sitz auf den als Steueroase geltenden Cayman Inseln hat. Der Hedgefonds hatte einen Schuldenschnitt aus den Jahren 2005 und 2010 nicht mitgemacht und stattdessen auf seinen Forderungen bestanden.

Argentiniens Regierung hält die Hedgefonds für "Aasgeier"

Statt die Hedgefonds zu bedienen, die sie selbst abfällig als „Aasgeier“ tituliert hatte, will die argentinische Regierung Zinszahlungen für Anleihehalter in Höhe von 832 Millionen Dollar begleichen. Das Geld dafür hat das südamerikanische Land laut Wirtschaftsminister Axel Kicillof bei der New Yorker Bank of Mellon hinterlegt. </SB>Allerdings riskiert die argentinische Regierung damit, dass diese Gelder beschlagnahmt werden. Argentinien fürchtet außerdem, dass nach den geforderten 1,5 Milliarden US-Dollar der Hedgefonds weitere Bondsbesitzer nicht umstrukturierter Schulden 15 Milliarden Dollar verlangen. Sie gehören zu den sieben Prozent der Gläubiger, die den Nennwert der argentinischen Anleihen zurückhaben wollen. Zudem könnten sich bei voller Auszahlung der Forderungen der Hedgefonds die Inhaber umgeschuldeter Anleihen auf eine bis Ende 2014 gültige Klausel berufen, die die Gleichbehandlung der Gläubiger regelt. Dies würde Wirtschaftsminister Kicillof zufolge zusätzliche Forderungen in Höhe von 120 Milliarden Dollar bedeuten.

An den Finanzmärkten herrscht Unsicherheit

Die Situation im Schuldenstreit wird damit immer verfahrener. „Die Entscheidung der argentinischen Regierung verursacht hohe Unsicherheit“, sagte Drausio Giacomelli von der Deutschen Bank. Die Hedgefonds hatten sich mit argentinischen Anleihen eingedeckt, als diese wegen ihres hohen Ausfallrisikos stark im Kurs gesunken waren. Sie fordern aber volle Rückzahlung inklusive aller aufgelaufenen Zinsen. Wenngleich Wirtschaftswissenschaftler Foders eine Staatspleite Argentinien für abwegig hält, ergeben sich für ihn aus dem vertrackten Streit um die Staatsschulden dennoch Folgen für die Weltwirtschaft. Niedrige Zinsen auf den Finanzmärkten verleiteten Anleger dazu, ihr Geld in Anleihen von Schwellenländern zu investieren, die eine vergleichsweise hohe Rendite bieten, sagt Foders. Eine höhere Rendite bedeute aber zugleich ein höheres Risiko – das im Zweifel die Schwellenländer tragen müssten.

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