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Wirtschaft: Arzneien dürfen im Internet verkauft werden

EU-Gerichtshof: Deutschland darf Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten einschränken

Berlin (ded). Der Versandhandel mit Medikamenten über das Internet muss in Deutschland zugelassen werden. Jedoch bleibt es der Bundesregierung vorbehalten, den Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten einzuschränken. Das besagt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Donnerstag in Luxemburg (Aktenzeichen C322/01). Bislang war der Versand von Arzneimitteln in Deutschland ganz verboten.

Hintergrund war eine Klage des Deutschen Apothekerverbandes gegen die niederländische Versandapotheke Doc-Morris. Beide Parteien werten das Urteil nun für sich als Erfolg. „Wir sehen das Urteil als absolute Bestätigung in allen Bereichen“, sagte Doc-Morris-Chef Ralf Däinghaus dem Tagesspiegel. Das Ziel, die Warenverkehrsfreiheit im europäischen Binnenmarkt zu bestätigen, sei voll erreicht. Die Entscheidung, ob auch verschreibungspflichtige Arzneimittel im europäischen Binnenmarkt verschickt werden dürfen, liege nun in den Händen der Bundesregierung. Die hätte jedoch grundsätzlich schon erklärt, dass sie den Versandhandel begrüße. Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) gibt ab dem 1. Januar 2004 den Versand für alle in Deutschland zugelassenen Arzneimittel frei.

Der Deutsche Apothekerverband begrüßt das Urteil ebenfalls – wertet jedoch die Möglichkeit, den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneien zu verbieten, als den wichtigeren Aspekt des Urteils. Damit sei das Kerngeschäft der konkurrierenden Versandhändler betroffen.

Doc-Morris versendet seit dreieinhalb Jahren Medikamente, deren Preise bis zu 40 Prozent unter denen deutscher Apotheken liegen. Gegen Zusendung des Originalrezeptes konnten Patienten bislang auch verschreibungspflichtige Medikamente bestellen. Seitdem die Regierung im September beschlossen habe, dass der Versandhandel mit Arzneien grundsätzlich gewünscht sei, sei der Umsatz der Firma um 30 Prozent gestiegen, sagte Däinghaus dieser Zeitung. So werde das Unternehmen in diesem Jahr 50 Millionen Euro Umsatz erreichen. Dieser „wird sich im nächsten Jahr noch einmal verdoppeln“. Außerdem geht Däinghaus davon aus, „dass wir 15 bis 20 Millionen Versicherte über die Krankenkassen unter Vertrag haben werden“.

Thomas Kerckhoff, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher VersandapothekerInnen, warnte vor voreiligem Jubel auf beiden Seiten. „Wenn das Urteil eine Einschränkung des Handels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten bedeutet, kann das zu einem Genickbruch von Doc-Morris führen“, sagte Kerckhoff dem Tagesspiegel. Unter anderem beobachtet er kritisch, dass die holländische Versandapotheke Verträge mit Krankenkassen abschließt, noch bevor das aktuelle Urteil für Deutschland geprüft ist. Die Krankenkassen erhoffen sich hohe Einsparungen von der Konkurrenz durch die Versand-Apotheken. Das Urteil sei jedoch insofern ein Erfolg, als es Rechtssicherheit schafft. „Ich begrüße Wettbewerb unter gleichen, fairen Rahmenbedingungen. Nicht jedoch institutionelle Wettbewerbsverzerrung.“ Eine solche entstünde, wenn eine Firma wie Doc-Morris, die in einem anderen nationalen Rahmen agiert, also auch weniger Regulierungen wie dem deutschen Arzneimittelgesetz unterworfen ist, in Deutschland ihre Gewinne machen könne. „Es kann nicht im Sinne des deutschen Gesetzgebers sein, wenn Krankenkassenbeiträge im Regelfall im Ausland ausgegeben werden“, sagte Kerckhoff dieser Zeitung.

Das Bundesgesundheitsministerium, das das Urteil ebenfalls als Erfolg wertet, bereitet eine Verordnung vor, in der bestimmte Arzneimittel wie Betäubungsmittel vom Versand ausgeschlossen werden können. Auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und die Krankenkassen versprechen sich von der Neuregelung des Medikamentenhandels Einsparungen in Milliardenhöhe.

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