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Verstellen bringt nichts. Nur wer selbstbewusst und authentisch auftritt, wird sich auch in der angestrebten Position wohl fühlen. Foto: Chromorange/Picture-Alliance

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ASSESSMENT CENTER Wie sich Bewerber darauf vorbereiten können: Die richtige Rolle?

Arbeitgeber suchen in ein- bis dreitägigen Verfahren Mitarbeiter, die den Aufgaben gewachsen sind, die ins Unternehmen passen – und sich für die Stelle nicht verbiegen müssen

Der Druck ist groß. Wer im Assessment Center einen Blackout hat und die Übung verhaut, in einer Gruppendiskussion untergeht oder alle anderen nieder redet kann sich damit schnell um seinen Traumjob bringen.

Der Begriff Assessment Center kommt aus dem Englischen und bedeutet Beurteilung, Einschätzung. Und genau darum geht es: Ein Unternehmen will anhand unterschiedlicher Methoden herausfinden, wie geeignet ein Kandidat für die ausgeschriebene Stelle ist. Eingeladen werden gewöhnlich die Bewerber, die es bereits in die engere Auswahl geschafft und ein Vorstellungsgespräch erfolgreich hinter sich gebracht haben.

Um neun Uhr geht es los mit einem Interview, skizziert der Leiter des Kienbaum-Instituts für Management-Diagnostik, Christoph Aldering, wie ein Assessment Center ablaufen kann. Dann folgt das Erarbeiten einer Fallstudie, Fragebögen werden ausgefüllt, ein Kundengespräch simuliert. Die Kandidaten präsentieren sich vor der Gruppe und erhalten anschließend ein Feedback.

Unternehmen lassen ihre Bewerber auch in Gruppen diskutieren, Rollenspiele durchführen und schriftlich Intelligenz- und Persönlichkeitstest ausfüllen. Das alles dient dazu, die Auffassungsgabe und das strukturelle Denken, die persönliche Motivation und die Verhaltenskompetenz in (Stress-)Situationen zu überprüfen.

Mit einer Einladung zu einem Assessment Center müssen vor allem Hochschulabsolventen – besonders Wirtschaftswissenschaftler – rechnen, die sich bei großen Unternehmen bewerben. Außerdem werden Assessment Center im Öffentlichen Dienst, bei Berufen mit Kundenkontakt wie im Handel, bei Callcentern und im Bankbereich eingesetzt. Die Freie Universität etwa führt die Verfahren für Abteilungsleiterposten durch, Vattenfall für das obere Management.

Auch interne Bewerber einer Firma, die zur Führungskraft aufsteigen wollen, müssen sich oft einem Assessment Center unterziehen, erklärt Heinz Schuler, Professor für Organisations- und Personalpsychologie an der Universität Hohenheim. Aber selbst bei der Auswahl für Lehrstellen würden heute oft schon Assessment Center, allerdings geringeren Umfangs, veranstaltet.

Dabei sind die Grenzen zwischen Assessmentcenter und Einstellungstest fließend. Im Unterschied zu meist mehrstündigen Einstellungstests dauert ein Assessment Center zwischen ein und drei Tagen. „Ein Assessment Center definiert sich durch eine Reihe von simulierten Arbeitssituationen. Bei Einstellungstests werden vorwiegend Fragebögen im Internet oder auf Papier ausgefüllt“, erklärt Siegfried Stumpf, die Vorstandsmitglied beim Arbeitskreis Assessment Center ist.

Wer bei dem Bewertungsverfahren positiv auffallen will, sollte vor allem nicht übertrieben agieren und sich vor allen Dingen nicht verstellen, raten Experten. „Unternehmer wollen echte und ehrliche Bewerber, keine Schauspieler“, weiß Christoph Aldering.

Auch beim Pharmakonzern Bayer Schering wird auf die Authentizität eines Bewerbers geachtet. „Er sollte er selbst sein, Mimik und Gestik sollten natürlich sein“, sagt Sprecherin Gabriele Liebmann-El Badry. Das Unternehmen setzt Assessment-Center zur Neueinstellung, etwa bei Trainee-Positionen ein und so genannte Development-Center zur Standortbestimmung und Karriereplanung bereits eingestellter Mitarbeiter. Liebmann-El Badry rät, in angemessener Kleidung zu erscheinen und Ruhe zu bewahren. „Unsere Trainer verwenden stets zumutbare Aufgaben mit klaren Kriterien, geben ein offenes, konkretes und faires Feedback und setzen mit Sicherheit keine unangemessenen Stresskomponenten ein“, sagt sie. In der Jury sitzen Mitarbeiter aus der Personalabteilung, potenzielle Kollegen wie nicht direkte Fachvorgesetzte und oft auch ein externer Berater.

Um keine blasse und zittrige Schablone seiner Selbst zu sein, sollte man sich im Vorfeld bewusst machen, wo man hin will, welche Ziele, Stärken und Schwächen man hat, rät Aldering. Unbedingt solle man Interviewsituationen und die Selbstpräsentation mit einem guten Freund oder auch einem Coach durchspielen. Uni-Professor Schuler empfiehlt Übungsangebote der Career Center an Hochschulen zu nutzen.

Wichtig sei, sich seiner Verhaltensvarianten bewusst zu werden: Wie gut ist man in der Lage, sich auf verschiedene und neue Situationen einzustellen, wie sieht es mit der Lernbereitschaft aus , wie geht man mit Feedback um? Wie ist der eigene Argumentationsstil, welche Formulierungen benutzt man? Bei all der Selbstreflexion sollte aber nicht vergessen werden, sich mit dem Arbeitgeber zu beschäftigen. Sprich, wie ist die Unternehmenskultur, wie passt man dort hinein? Wie gibt sich die Firma nach außen, zum Beispiel in Pressemitteilungen, die auf der Internetseite einsehbar sind. „Bewerber sollten sich unbedingt mit dem Anforderungsprofil der Position vertraut machen und sich nicht scheuen, bei der Firma nachzufragen, wie das Assessment Center ablaufen wird“, sagt Stumpf. Auch sein Allgemeinwissen sollte man auf den Prüfstand stellen und unbedingt über die Neuigkeiten und Entwicklungen der Branche Bescheid wissen.

„Auf keinen Fall aber sollte man sich verrückt machen und vorher die zwei Meter Fachliteratur zu Assessment Centern durcharbeiten“, empfiehlt Aldering. Allerdings könne es auch nicht schaden, die Ratgeber in der Buchhandlung einmal durchzublättern.

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