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Attentat: Vizechef der russischen Zentralbank erschossen

Der als Vorkämpfer gegen unsaubere Bankgeschäfte bekannte Vize-Chef der russischen Zentralbank, Andrej Koslow, ist einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Er wurde auf einem Parkplatz niedergeschossen.

Moskau - Auf einem Parkplatz vor dem Stadion des Fußballclubs Spartak Moskau eröffneten Unbekannte am Mittwochabend das Feuer auf Koslow und seinen Fahrer, wie die Behörden mitteilten. Der Fahrer sei sofort gestorben, Koslow selbst sei am Donnerstagmorgen im Krankenhaus seinen Schussverletzungen an Kopf und Brust erlegen. Ermittler und Politiker vermuteten einen Zusammenhang mit Koslows hartem Vorgehen gegen Geldwäsche und andere Finanzdelikte. Koslow war für Bankenaufsicht zuständig.

Russlands Finanzminister Alexej Kudrin wies darauf hin, dass sich Koslow viele Feinde in der Finanzwelt geschaffen habe. "Mehr als einmal ist er skrupellosen Finanziers auf die Füße getreten", sagte der Minister laut Agentur Itar-Tass. Er erinnerte daran, dass durch Koslows Arbeit mehrere Banken wegen unsauberer Praktiken ihre Lizenz verloren hätten. Nach Informationen der Agentur Interfax entzog Koslow seit Jahresbeginn 44 der etwa 1200 russischen Banken die Geschäftserlaubnis. Der Vizechef des Finanzausschuss des russischen Parlaments, Anatoli Aksakow, sagte, Koslow habe "einen sehr schweren Stand" gegenüber Banken gehabt, die in Geldwäsche und Betrügereien verwickelt seien.

"Berufliche Aktivitäten" mögliches Tatmotiv

Generalstaatsanwalt Juri Tschaika übernahm die Ermittlungen. Einen Zusammenhang zwischen dem Attentat und Koslows "beruflichen Aktivitäten" hielt Tschaika laut einer Erklärung für möglich. Parlamentspräsident Boris Grislow äußerte den Verdacht, dass "Kriminelle mit Verbindungen zu Bankstrukturen" die Tat angeordnet haben könnten. Die Staatsanwaltschaft kündigte Ermittlungen in unterschiedliche Richtungen an. Die Zentralbank würdigte Koslows Verdienste für die "Effizienz, Transparenz und Stabilität" des russischen Bankwesens.

Aus der Wirtschaft wurde das Attentat mit Sorge kommentiert. "Es wird nun schwieriger sein, Reformen umzusetzen", sagte die Finanzanalystin Natalja Orlowa von der Alfa Bank. Koslow habe bei der Neuausrichtung des Banksektors eine wichtige Rolle gespielt. Sein Nachfolger werde sich starkem Druck ausgesetzt sehen. Der Chef des Energiekonzerns UES, Sergej Dubinin, wertete die Tat als "Herausforderung für die staatliche Bankenpolitik". Die Tat müsse rasch aufgeklärt werden, "um zu beweisen, dass unsere derzeitige Stabilität kein leeres Versprechen ist".

Der Mordanschlag auf den 41-jährigen Bankvize war das erste Attentat auf einen hochrangigen Amtsträger seit vier Jahren. Im Oktober 2002 war der Gouverneur der Region Magadan auf offener Straße erschossen worden. In den frühen 90er Jahren kam es in Moskau wiederholt zu Attentaten, die oft dem organisierten Verbrechen und der Wirtschaftskriminalität zugeschrieben wurden. (tso/AFP)

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