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Wirtschaft: Auch die Kunst sucht ihren Weg zum Erfolg

BERLIN . Wenn Museen, Theater und Opernhäuser trotz geringerer staatlicher Zuwendungen überleben wollen, müssen ihre Direktoren mitunter wie Unternehmer denken und handeln.

BERLIN . Wenn Museen, Theater und Opernhäuser trotz geringerer staatlicher Zuwendungen überleben wollen, müssen ihre Direktoren mitunter wie Unternehmer denken und handeln. So lautet das Fazit der Tagung "Wege zum Erfolg", die unlängst im Deutschen Theater in Berlin stattfand. Veranstalter war das Institut für Kultur- und Medienmanagement (IKM).In Krisenzeiten überleben diejenigen, die über ein gutes Management verfügen. Diese schlichte Wahrheit hält nur langsam Einzug in Museen und Theater. Kulturmanager und Berater hatten lange einen schlechten Ruf. "Kulturmanagement wird heute ernstgenommen", sagt Klaus Siebenhaar, Leiter des IKM. Intendanten, Museumsdirektoren oder Schauspieler hätten zwar meist ein kritisches und konfliktreiches Verhältnis zu Themen wie Management und Marketing. Die Ablehnung von betriebswirtschaftlichem Denken in der Kultur liege aber oftmals schlicht an mangelndem Wissen. Marketing werde nicht als "Erfüllung von Kundenwünschen" verstanden, sondern mit dem "Ausverkauf von Kunst" gleichgesetzt. Doch wird die Kunst wirklich ausverkauft, wenn die Garderobieren freundlich sind, wenn das Ticketing vereinfacht wird und Anzeigen in jenen Zeitungen geschaltet werden, die von der Mehrzahl der Zuschauer oder Besucher gelesen werden?Wie weit die Vermarktung gehen darf, entscheiden die Häuser selbst. Die Hamburger Kunsthalle hat sich zum Beispiel klare Regeln für Kooperationen und Sponsorenverträge gesetzt. Gesellige Ereignisse finden nicht in den Ausstellungsräumen statt, die Öffentlichkeit darf von PR-Veranstaltungen oder Events nicht behindert werden. Kosten-Nutzen-Überlegungen in Sachen Kunst sind dennoch eine heikle Angelegenheit, denn Erfolg ist nicht nur an Besuchs- und Verkaufszahlen zu messen. "Die Jagd nach Besucherquoten ist nicht Ziel und auch nicht Auftrag der öffentlichen Kultureinrichtungen", betonte Klaus-Dieter Lehmann, Direktor der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. "Kultur soll nicht als Ornament von Wirtschaft und Politik dienen." Eine produktive Verbindung von Wissenschaft und Ausstellungswesen ist seine Vision für die Stiftung. Ausgebaut und professionalisiert werden sollen Dienstleistungen wie Ausstellungskonzeption, Informations- und Bautechnik sowie das Marketing.Michael Schindhelm, Intendant des Theaters Basel, warnt davor, den Zuschauer auf einen Konsumenten zu reduzieren. Das hieße, ihn zu unterschätzen. Das Ziel sei, Kunst mit hohem Anspruch zu bieten, und gleichzeitig den Zuschauer und die Wirtschaftlichkeit im Blick zu behalten. In Basel hat er die "helvetische Effizienz" kennengelernt. Nur knapp ein Dutzend Verwaltungsangestellte hat das größte Dreispartenhaus der Schweiz und sämtliche Mitarbeiter des Stadttheaters haben Individualverträge. Keine theoretischen Modelle, sondern Erfahrung, Eigeninitiative und Offenheit könnten in dem komplexen System Kultur zum Erfolg führen. "Am Ende wissen nur wir selbst, was am besten einzusparen und zu ändern ist", so Schindhelm.Nach Ansicht von Uwe M. Schneede, Direktor der Hamburger Kunsthalle, die seit Beginn dieses Jahres eine Stiftung öffentlichen Rechts ist, sind die einzelnen Museen der Stadt gefordert, jeweils ihr eigenes Profil zu schärfen und weiterzuentwickeln. Was heißt das in der Realität? Die Leitung des Hauses teilen sich Direktor und kaufmännischer Geschäftsführer. Alle Mitarbeiter sind Angestellte und haben Zeitverträge; das Beamtenwesen ist damit aufgelöst. Ein Drittel des Etats kann die Kunsthalle selbst erwirtschaften mit Eintritt, Katalogverkauf, Verpachtung und Vermietung. Dennoch bleiben die Häuser abhängig von öffentlichen Mitteln, die in einem Leistungsvertrag jährlich geregelt werden.Die Staatsgalerie Stuttgart und die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf etwa haben jeweils mit externen Beratern Veränderungen in Gang gesetzt. Beide Häuser litten unter Sparzwängen und sinkenden Besucherzahlen. Anhand einer Besucherbefragung, durchgeführt in Zusammenarbeit mit der Universität Düsseldorf, entwickelte die Deutsche Oper am Rhein ein neues Marketingkonzept. "Wir meinten, unsere Zuschauer gut zu kennen und machten die Erfahrung, daß wir vieles nicht wußten oder falsch einschätzten", erläutert Werner Hellfritzsch, geschäftsführender Direktor. Die Verbesserung des Service hat sich für das Opernhaus ausgezahlt. In Stuttgart führte McKinsey eine kostenlose "Pro-bono-Studie" durch und entwarf gemeinsam mit dem Direktor Christian von Holst und den Mitarbeitern neue Leitlinien.Eine externe Beratung könne nur ein Katalysator sein, meint Kerstin Schmidt von der Bertelsmann-Stiftung. "Studien und Beratungen dienen dazu, den Betroffenen Kriterien an die Hand zu geben, sich neue Ziele zu setzen. Es sind langfristige Prozesse, auf die öffentliche Kultureinrichtungen sich einstellen müssen." Doch Beratung und Managementtechniken fruchten wenig, wenn nicht auch die "Lust auf Professionalität" und ein Stück "Beziehungszauber" hinzukommen, glaubt Klaus Siebenhaar, der sich seit langem praktisch und wissenschaftlich mit Kulturmanagement auseinandersetzt. Menschen würden gebraucht, die sich für "ihr Haus" einsetzen, um Partner und Unterstützer zu finden.

REGINA KÖTHE

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