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Wirtschaft: Auch in der Krise kann verdient werden

Über die Zukunft der Aktienmärkte Asiens streiten die Experten / Weitere Rückschläge möglichVON GERD GOEBEL (HB)Mit spektakulären Kursgewinnen sind die asiatischen Börsen ins Jahr des Tigers furios gestartet.Viele Aktienmärkte haben sich von ihren Tiefstständen im Dezember mehr als erholt.

Über die Zukunft der Aktienmärkte Asiens streiten die Experten / Weitere Rückschläge möglichVON GERD GOEBEL (HB)Mit spektakulären Kursgewinnen sind die asiatischen Börsen ins Jahr des Tigers furios gestartet.Viele Aktienmärkte haben sich von ihren Tiefstständen im Dezember mehr als erholt.Offenbar kehrten Anleger mit neuem Enthusiasmus zurück, hieß es bei Marktteilnehmern vor Ort.Sie begründeten den Stimmungsumschwung mit fallenden Zinsen und einer allgemeinen Stabilisierung der Währungslage.Die Kursgewinne seien vor allem darauf zurückzuführen, daß nahezu alle Währungen und Aktienmärkte unterbewertet gewesen sind, heißt es.Die Rallye wurde zudem durch starke Fondszuflüsse aus den USA und Europa unterstützt.Allein im Januar soll es aus den USA Zuflüsse von 150 Mill.Dollar gegeben haben, nachdem im letzten Jahr Rückflüsse von 3,5 Mrd.Dollar zu verzeichnen waren.Wenn die Asienkrise etwas drastisch bewiesen hat, dann ist es die erstaunliche Fähigkeit des Westens zur Selbsttäuschung und Leichtgläubigkeit.Peinlich, daß Ratingagenturen, die vor Ort tätigen Brokerhäuser, internationale Institutionen, IWF sowie prominente Topmanager die Krise nicht erkannt haben wollen.Ein Realitätsverlust war bei einzelnen Investmentbanken zu verzeichnen, die im vierten Quartal, als sich die Krise längst manifestierte, noch geraten haben, die Märkte in Hongkong, Singapur und Korea überzugewichten.Offenkundig übernahmen viele Analysten relativ unkritisch das Zahlenmaterial verschiedener Regierungsbehörden.Fehler werden auch zunehmend dem IWF vorgeworfen.Der Harvard-Ökonom Jeffrey Sachs ist der Meinung, daß die Interventionen des IWF mehr geschadet als genützt haben.Durch die IWF-Medizin befänden sich die Tigerstaaten in einer Schulden-Deflations-Spirale.Im Fall Thailands scheint er recht zu bekommen, da die IWF-Maßnahmen zu keinen makroökonomischen Verbesserungen führen werden, wie Dresdner Kleinwort Benson dazu ausführt.Internationale Investmentbanken sind sich scheinbar nicht darüber einig, ob die asiatischen Volkswirtschaften in eine Rezession geraten oder nicht.Während Salomon Smith Barney von einem durchschnittlichen Wachstum (ohne China) von 0,7 Prozent ausgeht, prognostiziert socGen Crosby in einzelnen Märkten noch ein angemessenes Wachstum.Unter Marktteilnehmern vor Ort besteht nahezu Einigkeit darüber, daß in einzelnen Märkten der Boden erreicht zu sein scheint.Dresdner Kleinwort Benson Asia rechnet mit einer Bodenbildung in Korea, Malaysia, auf den Philippinen und in Thailand.Für Indonesien, Singapur und Hongkong sei das Schlimmste noch nicht vorbei, so die Analysten.Offenkundig wird der indonesische Aktienmarkt als der derzeit unattraktivste in dieser Region angesehen.Im Vorfeld der Präsidentenwahlen könnten neben den bekannten wirtschaftlichen Problemen auch politische Unruhen hinzukommen, so der Tenor.Trotz der guten Marktstimmung erwarten einschlägige Investmenthäuser eine starke, über die nächsten zwölf bis 18 Monate verteilte Volatilität.Demzufolge raten die Broker der deutsch-britischen Investmentbank, Aktienbestände in Marktstärke zu verkaufen.Um eine generelle Erholung der Märkte zu gewährleisten, sei Währungsstabilität entscheidend, darüber sind sich einschlägig orientierte Analysten einig.Die ersten Tendenzen dazu sind nicht zu übersehen.Welche Faktoren sind darüber hinaus für die weitere Marktentwicklung entscheidend? Der Aspekt der Direktinvestitionen ist von ausschlaggebender Bedeutung.Zu diesem Schluß kommt auch Patrick Allen, Direktor Asian Equities von SocGen Crosby.Zwar sind Portfolioinvestoren gesichtet worden, abgesehen von einzelnen amerikanischen Investoren agieren internationale Direktinvestoren noch vorsichtig.Doch die sind nötig, da die inländischen Industrien gezwungen sind, Kapazitäts- und Investitionskürzungen vorzunehmen.Investoren sollten insbesondere die Märkte bevorzugen, in denen ein kräftiger Exportanstieg sichtbar wird, so Patrick Allen.Daß sich in diesem kritischen Umfeld attraktive Werte befinden, davon ist Scott Kalb, Director International Asset Management von Salomon Smith Barney, überzeugt.Er rät Investoren, sich in erstklassigen "Blue Chips" zu engagieren, die es nach seiner Ansicht in großer Anzahl in Asien geben soll.Der Analyst, der für die ersten zwei Quartale 1998 ein schreckliches "Ergebnisszenario" erwartet, hält Hongkong und Singapur für aussichtsreich, da es hier die größte Ansammlung von Spitzenunternehmen in der Region gebe.

GERD GOEBEL (HB)

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