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Über Tage. Der Braunkohleabbau ist noch bis in die 2040er Jahre gesichert.

© imago/allOver-MEV

Wirtschaft: Auch Tagebaue stehen vor dem Aus

Lange war Braunkohle Deutschlands wichtigster heimischer Energieträger. Doch Experten planen schon den Ausstieg.

Es sind gigantische Bagger, die im Braunkohletagebau ihre Schaufeln in die Erdschichten rammen, um Deutschlands wichtigsten heimischen Energierohstoff zu gewinnen. Die einen fasziniert das, die anderen sehen darin vor allem Klima- und Umweltzerstörung.

Braunkohle liegt unter der Erde etwa in der Lausitz zwischen Brandenburg und Sachsen, im Rheinischen Revier in Nordrhein-Westfalen und im Mitteldeutschen Revier. Der Rohstoff geht vom Tagebau ins nahegelegene Kraftwerk, das macht Braunkohle auf dem Markt unschlagbar günstig. Zu günstig, sagen Klimaexperten. Nicht eingepreist ist, dass die CO2-Emissionen aus dem Kraftwerk zum Treibhausgaseffekt beitragen, ebenso wenig wie gesundheitsschädliche Quecksilber- oder Stickstoffemissionen. Der Preis pro Tonne Kohlendioxid liegt im Europäischen Emissionshandel derzeit bei 20 Euro. Er müsste doppelt so hoch sein, sagen Experten.

Bei der Steinkohle schließen die letzten Untertagebaue Ende 2018, weil die Förderung in Deutschland längst nicht mehr wirtschaftlich ist. Was heute in Steinkohlekraftwerken verfeuert wird, ist importiert aus Kolumbien oder Südafrika. Deutschland ist der größte Steinkohleimporteur Europas.

Die deutschen Braunkohletagebaue sind jedoch teilweise bis in die 2040er Jahre genehmigt. Die Branche gibt noch 20 000 Menschen Arbeit – Kraftwerksmitarbeiter und Kohlekumpels in den Tagebauen. Doch was nützt der günstige Energieträger, wenn der Klimawandel voranschreitet? Zwei der emmissionsintensivsten Meiler Europas gehören dem Energieversorger RWE in Nordrhein-Westfalen. Die mit Braunkohle erzeugte Kilowattstunde hat einen 20 Prozent höheren CO2-Abdruck, Braunkohle ist zugleich viel weniger energiedicht. Im Vergleich zu Gas ist es etwa drei mal so viel CO2.

Für die schwarz-rote Bundesregierung ist der Kohleausstieg ein schwieriges Thema: Die SPD will es sich nicht verscherzen mit ihren Stammwählern, den Kohlekumpels. Die Union treibt Sorgen mit Blick auf die Industrie, denn diese wiederum fürchtet höhere Strompreise, wenn die Kohle schrittweise wegfällt. Lösen soll es die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, kurz Kohlekommission. Zuerst Strukturwandel, dann Kohleausstieg, lautete der Auftrag der Bundesregierung an die Kohlekommission, die aus Umweltverbänden, Industrie- und Energiewirtschaftsvertretern sowie Gewerkschaftern besteht. Mit Blick auf die Lausitz, wo der Wegfall der Kohlewirtschaft aufgrund mangelnder Alternativen besonders zu spüren sein wird, hat die Kommission etwa folgende Vorschläge gemacht: Förderung neuer Technologien wie grüner Wasserstoff, Ansiedlung neuer Bundesbehörden, Ausbau des Schienenverkehrs, um das Pendeln zum Arbeitsplatz etwa nach Berlin zu ermöglichen. Bisher hat der Bund 1,5 Milliarden Euro zur Finanzierung des Strukturwandels auf die Seite gelegt. Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer fordern deutlich mehr: zuletzt 60 Milliarden Euro. Diese Summe scheint allerdings auch vielen Mitgliedern der Kohlekommission aberwitzig.

In diesen Tagen geht es nun um das Ende der Kohle in Deutschland. Erste Stilllegungen von Braun- und Steinkohlekraftwerken sollen bis 2022 erfolgen, so ist aus der Kommission zu hören. Den Betreibern sollen Entschädigungen in Aussicht gestellt werden. Bis 2030 müssen die Kohlekraftwerke ihre Emissionen um zwei Drittel reduziert haben, nur so wird das Klimaziel geschafft.

Viele der riesigen Bagger werden dann in Rente sein. Bewundern könnte man sie ja immer noch. Im Museum.

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