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Wirtschaft: Auf der Sonnenseite der Bilanz

Solarstrom wird in Deutschland üppig gefördert. Nutznießer sind Firmen in Japan und China

Berlin - Die Subventionen für Solarstrom in Deutschland kommen vor allem japanischen und chinesischen Unternehmen zugute. Das geht aus aktuellen Produktionszahlen hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen. Demnach stammen mehr als die Hälfte der in Deutschland installierten Solarzellen aus dem Ausland – vor allem aus Asien. Die deutschen Hersteller hingegen können ihre Produkte auf dem Weltmarkt kaum absetzen.

Für Solarstrom wird in Deutschland weit mehr bezahlt als der Marktpreis. Der Grund ist das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), das feste Vergütungssätze für Ökostrom vorschreibt. So müssen die Verbraucher für eine Kilowattstunde Solarstrom rund 50 Cent entrichten. Zum Vergleich: Konventioneller Strom an der Leipziger Energiebörse EEX kostet rund fünf Cent (siehe Kasten).

Wegen der hohen Mehreinnahmen lohnt es sich, Solaranlagen in Deutschland aufzustellen. Allein im vergangenen Jahr gingen 870 Megawatt (MW) ans Netz, wie die Branchenzeitschrift Photon ermittelte. Doch inländische Hersteller können von diesem Boom kaum profitieren: Sie produzierten im vergangenen Jahr Solarzellen für gerade einmal 348 MW. Damit ergibt sich eine Menge von mindestens 522 MW, die ausländische Hersteller auf dem deutschen Markt verkaufen konnten. Mit anderen Worten: 60 Prozent der in Deutschland installierten Solarzellen stammen aus dem Ausland. Wenn man bedenkt, dass ein Teil der hiesigen Produktion exportiert wird, ist die Importquote sogar noch höher.

„Deutschland ist dank EEG der weltweit attraktivste Markt“, sagt Josef Auer von Deutsche Bank Research. „Für die Hersteller macht es Sinn, ihre Produkte hier abzusetzen.“ Noch deutlicher formuliert es Manuel Frondel vom Rheinisch- Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI): „Über das EEG fließt mehr Geld an ausländische Hersteller als an deutsche.“ Branchenkenner schätzen, dass dadurch im Ausland mindestens 10 000 Jobs entstanden sind – auf Kosten der deutschen Stromverbraucher.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich in Japan. Mit 824 MW wurden hier im vergangenen Jahr erheblich mehr Solarzellen hergestellt als in Deutschland. Allein der Elektronikkonzern Sharp kommt auf einen Weltmarktanteil von 23,5 Prozent – deutlich mehr als das größte deutsche Unternehmen Q-Cells mit 9,1 Prozent. Installiert wurden auf der Insel aber nur 280 MW, der überwiegende Teil der Produktion ging also in den Export. „Für Japan sind Solarzellen ein volkswirtschaftliches Plus-Geschäft“, sagt RWI-Experte Frondel. Ein ähnliches Bild ergibt sich in China. Hier werden mit 150 MW ebenfalls deutlich mehr Zellen produziert als im eigenen Land benötigt.

Dass die Asiaten ihre Produkte vor allem in Deutschland verkaufen, ist in der Branche ein offenes Geheimnis. Schließlich gibt es weltweit keinen einzigen Absatzmarkt, der so viele Solarzellen aufnimmt. Fast zehnmal mehr Megawatt gehen hier ans Netz als in den USA, rund vierzigmal mehr als in Spanien und sogar 170-mal mehr als in Italien.

Den Deutschen hingegen fällt es schwer, ihre Produkte im Ausland an den Mann zu bringen. So wird zwar ein Drittel der hier produzierten Zellen in fremde Länder verkauft. Oft werden sie dort aber lediglich zu Solarmodulen zusammengeschraubt – die dann nach Deutschland reimportiert werden. „Die Module haben oft tausende Kilometer zurückgelegt“, erklärt ein Insider, der nicht genannt werden möchte. Erst kürzlich schrieb die Zeitschrift Photon, dass allein beim sachsen-anhaltinischen Hersteller Q-Cells 75 Prozent der Ausfuhren nach Deutschland zurückfinden könnten.

Die deutschen Modulproduzenten hingegen weisen äußerst schwache Exportraten auf. So kam die Berliner Solon AG im vergangenen Jahr auf eine Ausfuhrquote von gerade einmal drei Prozent. Bei Solarwatt waren es 5,6 Prozent, bei der Solarfabrik ein Prozent und bei GSS null Prozent. Viele Unternehmen wie Schott Solar oder Solar Factory geben ihre Exportraten erst gar nicht bekannt.

Anders sieht es bei den großen ausländischen Herstellern aus. So kommt die US-amerikanische Firma First Solar auf eine Ausfuhrquote von 97,6 Prozent. Bei der chinesischen Suntech Power sind es 91,7 und beim japanischen Sharp-Konzern immerhin noch 52,9 Prozent.

Beim Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) will man diese Zahlen nicht kommentieren. „Wir haben für 2005 noch keine abschließenden Daten vorliegen“, sagt Geschäftsführer Carsten Körnig. Er gehe aber davon aus, dass die deutschen Hersteller ihre Produktion um 67 Prozent steigern konnten. „Wir gewinnen weltweit Marktanteile.“ Aus dem Stand, räumt Körnig allerdings ein, könne man den Vorsprung Japans nicht wettmachen. „Wir sind noch am Anfang der Überholspur. Entscheidend ist, wie es in fünf Jahren aussieht.“ Deshalb brauche die Branche weiter die Hilfe durch das Erneuerbare Energien Gesetz.

Experten sehen das anders. „Zur Anschubfinanzierung ist das EEG ein sinnvolles Instrument“, sagt Wolfgang Pfaffenberger, Leiter des Bremer Energie-Instituts. „Zur dauerhaften Technologieförderung ist es aber denkbar ungeeignet.“ Er plädiert deshalb dafür, die Fördermenge nach oben zu begrenzen. Vielleicht wird sein Appell gehört: Im kommenden Jahr will die große Koalition das EEG überarbeiten.

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