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Weit angereist war Oscar Guariyu, der Indianer aus Kolumbien auf der Eon-Hauptversammlung vertrat – und Farbe in die Versammlung brachte. Foto: Reuters

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Wirtschaft: Auf der Suche nach neuen Geschäften

Eon und Vattenfall tun sich schwer mit der Energiewende und dem Klimaschutz.

Berlin - Die Energiekonzerne suchen weiter nach einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell. Der schwedische Staatskonzern Vattenfall, dessen deutsche Tochter ihren Sitz in Berlin hat, sprach am Freitag anlässlich der Vorlage der Quartalszahlen von einem „schwachen Marktausblick“. Dabei geht es dem Unternehmen, das viel Geld mit ostdeutscher Braunkohle verdient, gar nicht schlecht: Der operative Gewinn lag in den ersten drei Monaten mit 1,3 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Vattenfall ist nach Eon und RWE die Nummer drei auf dem deutschen Markt. Eon rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem operativen Gewinn zwischen 2,2 und 2,6 Milliarden Euro, das wären bis zu zwei Milliarden Euro weniger als 2012. Die Börse reagierte am Freitag gelassen, die Eon-Aktie lag bis zum Nachmittag mit einem Plus von 1,8 Prozent auf Dax-Niveau.

Allerdings haben die Aktionäre schon schwere Zeiten hinter sich, wie der Vorstandsvorsitzende Johannes Teyssen am Freitag auf der Hauptversammlung einräumte. Er warb bei den Aktionären um Geduld. „Es wird Zeit brauchen für den nachhaltigen Aufbau der neuen Eon mit starker Ertragskraft und angemessenen Kursen für unsere Aktie“, sagte Teyssen und verteidigte die Investitionen in Brasilien und der Türkei. Dort seien „substanzielle Geschäfte mit gewaltigen Perspektiven für spätere Jahre“ möglich, meinte der Vorstandschef. Der Energiehunger in Brasilien sei gewaltig, und im kommenden Herbst werde dort voraussichtlich das erste Eon-Kraftwerk ans Netz gehen.

„Man hat den Eindruck, Eon verdient sein Geld in Deutschland, um es im Ausland zu verbrennen“, meinte dagegen Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment. Vielen Aktionären ist noch in schlechter Erinnerung, wie Teyssens Vorgänger Wulf Bernotat in Südeuropa investierte und der Konzern dadurch, auch bedingt durch die Finanzkrise, viel Geld verlor. Doch Teyssen ließ das vor den Aktionären nicht gelten: „Den größten Schaden haben wir nicht im Ausland, sondern durch politische Eingriffe hier im Lande erlitten.“

Die großen Versorger – neben Eon, RWE und Vattenfall ist das noch die baden-württembergische EnBW – sind am stärksten vom Ausstieg aus der Kernkraft und dem Aufbau der erneuerbaren Energien betroffen. So verstromt Eon vor allem auch Gas, doch Gaskraftwerke sind wegen des Vorrangs der Erneuerbaren kaum noch wirtschaftlich zu betreiben. Ferner drücken die Erneuerbaren den Preis an der Strombörse. Als Ursachen für den Preisverfall nannte Teyssen „einen unverdaulichen Cocktail aus schwacher Nachfrage und einer verkorksten Regulierung in Deutschland und Europa“.

Eon und Vattenfall trennen sich im Zuge der Energiewende von Geschäftsteilen, um Mittel frei zu bekommen für erneuerbare Energien, Investitionen im Ausland oder den Schuldenabbau. Dazu baut Eon 11 000 Arbeitsplätze ab und Vattenfall 2500, jeweils ein Großteil davon in der Bundesrepublik.

In einem besonderen Dilemma steckt Vattenfall. Der Staatskonzern aus Stockholm verdient gutes Geld mit der Braunkohle aus der Lausitz, doch die schmutzige Kohle ist den Schweden ähnlich zuwider wie den Deutschen die Atomkraft. Vattenfall hat deshalb angekündigt, sein Kohlekraftwerk im sächsischen Lippendorf zu verkaufen, um auf diesem Wege die eigene CO2-Bilanz zu verbessern. Schätzungsweise macht Vattenfall allein mit Lippendorf 100 Millionen Euro Gewinn im Jahr. Im ersten Quartal verdiente die deutsche Vattenfall-Gesellschaft insgesamt gut 560 Millionen Euro (Vorjahr: 434 Millionen). „Wir haben von den deutlich höheren Volumen bei Kohle zu guten Preisen profitiert“, sagte ein Vattenfall- Sprecher.

Ob mit dem Verkauf von Lippendorf die schwedische Debatte um die Kohle beendet sein wird, ist zweifelhaft. Es wird inzwischen auch nicht mehr ausgeschlossen, dass sich Vattenfall auch von seinen brandenburgischen Tagebauen und Kraftwerken trennen könnte. Zumal dann, wenn der Konzern die Konzessionen für die Stromnetze auf seinen größten Märkten Berlin und Hamburg verliert. Vermutlich werden Volksentscheide im Herbst darüber befinden, ob die Netze in das Eigentum der jeweiligen Länder beziehungsweise Städte übergeht. mit dpa

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