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Wirtschaft: Auf der Suche nach neuer Unabhängigkeit

Drei Monate nach Beginn der Wirtschaftskrise in Brasilien und Argentinien scheint das Schlimmste überstanden.Im November verzeichnete die Börse in Sao Paulo und Buenos Aires kräftige Gewinne.

Drei Monate nach Beginn der Wirtschaftskrise in Brasilien und Argentinien scheint das Schlimmste überstanden.Im November verzeichnete die Börse in Sao Paulo und Buenos Aires kräftige Gewinne.US-Notenbank Alan Greenspan zeigte sich optimistisch.Die südamerikanischen Länder wurden von der Abwertung des russischen Rubels am 17.August stark getroffen.Das Vertrauen in die "emerging markets" ging verloren, infolge der anhaltenden Kapitalflucht nahmen Brasiliens Geldreserven um 44 Prozent ab, umgerechnet rund 53 Mrd.DM.Die Regierung sah sich dazu gedrängt, die Zinsen auf 49,75 Prozent zu erhöhen.Dabei lag die Inflationsrate unter vier Prozent.Nicht ganz so schlimm wirkte sich die Krise in Argentinien aus.An der Börse dominierte die Furcht vor den Folgen der Brasilien-Krise.Immerhin 30 Prozent der argentinischen Exporte fließen dorthin.

Das Übereinkommen der brasilianischen Regierung mit dem Internationalen Währungsfonds sicherte Brasilien eine Finanzhilfe von mehr als 65 Mrd.DM und sorgte dafür, daß sich der Markt wieder beruhigte.Ausgestanden aber ist die Krise noch nicht.Die Situation in Brasilien bleibt sogar beunruhigend: Die Staatsverschuldung hat 480 Mrd.DM oder 36 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht, drei Viertel davon müssen innerhalb von sechs Monaten zurückgezahlt werden.Und all dies bei einer Zinsrate, die heute immer noch deutlich über 40 Prozent liegt.Dadurch wird nicht nur die Produktion geschädigt, auch das Haushaltsdefizit wächst weiter.In Argentinien ist die Situation weniger dramatisch.Nur fünf Prozent der Staatsschulden (165 Mrd.DM) sind innerhalb eines Jahres zurückzuzahlen.Die Zinsrate ist niedrig geblieben, und das Haushalts- und Zahlungsbilanzdefizit liegen unter vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts.Die argentinische Regierung beabsichtigt, die öffentlichen Ausgaben um 480 Mill.DM zu senken.Aber das größte Problem bleibt die starke Abhängigkeit der argentinischen Wirtschaft von Brasilien.

In dem Übereinkommen mit dem Währungsfonds wurde festgelegt, daß Brasilien seine Ausgaben um 38 Mrd.DM senken muß, um 1999 einen Haushaltsüberschuß von 2,6 Prozent zu erreichen.Ein damit verbundener Konjunkturrückgang in Brasilien aber wird die argentinische Wirtschaft nachhaltig beeinflussen.Denn die marktbeherrschenden brasilianischen Unternehmen werden sich bei schrumpfender Inlandsnachfrage neue Absatzmöglichkeiten im Ausland suchen.

Der ganzen Situation läßt sich aber auch etwas Positives abgewinnen: Auf beide Länder wirkte die Krise wie ein Schock.Beide Regierungen haben inzwischen verstanden, wie wichtig es ist, eine stabile Wirtschaft zu haben und weniger von Auslandskrediten abhängig zu sein.Die Investoren zweifeln immer noch, daß die Hilfe des Währungsfonds ausreicht, die wirtschaftliche Lage Brasiliens ins Gleichgewicht zu bringen.

MARTIN BURBRIDGE

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