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Wirtschaft: Auf die Formel Eins mag kein Autobauer mehr verzichten

Bis zu 400 Millionen Euro kostet ein Rennteam pro Jahr – doch ob es den Absatz steigert, weiß niemand so recht

Von Beth Demain Reigber

Für ihre Präsenz im Formel-Eins-Geschäft geben die Automobilhersteller Millionen aus. Während der Rennsaison von März bis Oktober werden Gerätschaften und Team alle zwei Wochen rund um den Globus zu den Wettbewerben geflogen. Das Thema Formel Eins ist für die Hersteller ein Investment-Dilemma: Trotz der enormen Ausgaben kann ein Verzicht auf die Teilnahme am Ende noch teurer werden.

Ob die Formel Eins die Verkäufe der Serienautos beflügelt, könne man nicht genau sagen, erklären die Hersteller und halten sich mit konkreten Zahlen zurück. Doch nach Meinung von Experten fördert die Versportlichung einer Automarke nicht nur das Selbstwertgefühl der Produzenten, sondern vor allem den Absatz.

Die Marke ist der Hauptgrund beim Autokauf, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Leiter der Abteilung Automobilforschung an der Fachhochschule Recklinghausen. „Der Kunde braucht einen objektiven Beweis, welche Marke am besten ist. Alles andere ist schlicht Werbung." Neben einigen unabhängigen Teams finden sich unter den Teilnehmern im Renngeschäft BMW, die Daimler-Chrysler-Sparte Mercedes-Benz, Toyota, die Fiat-Tochter Ferrari, die Ford-Einheit Jaguar und Honda.

Vor allem Luxushersteller wie BMW und Mercedes-Benz wollen mit ihrer Formel-Eins-Teilnahme dem Publikum zeigen, dass sie nicht nur Autos für das betuchte Volk, sondern auch solche mit athletischer Ausstrahlung bauen können. Den Massenherstellern wie Toyota und Renault geht es dagegen beim Sprint neben einem Ferrari um eine Aufbesserung ihres Images. Für einige Experten hat sich der Einzug in die Formel Eins vor allem bei Honda bezahlt gemacht. Bis vor wenigen Jahrzehnten war der Hersteller international noch kaum bekannt.

Mercedes-Benz will durch die Formel Eins junge Autofahrer begeistern, die sich von den klassischen Modellen nicht angezogen fühlen. „Es weckt das Interesse an der Marke und man kann sich mit ihr identifizieren“, sagt Sprecher Wolfgang Schattling. Über die Auswirkung der Formel Eins auf die Absätze gebe es zwar keine genauen Zahlen. Geschadet habe das Engagement aber keinesfalls, sagt Schattling. Dies kann kaum bezweifelt werden: Zugegeben, der Hersteller hat in den vergangenen Jahren einige neue Modelle eingeführt, darunter die A-Klasse. Doch seit 1995, als Mercedes zusammen mit McLaren ein Formel-Eins-Team gebildet hat, stiegen die Verkäufe sprunghaft von 600000 Stück auf 1,15 Millionen im Jahr 2001.

Doch warum fesselt die Formel Eins gerade den Durschnittsfahrer, der nie im Leben durch Monaco braust und auch in Budapest keine Runden bei 240 Stundenkilometern dreht? Ferdinand Dudenhöffer sagt, er fand die Antwort hierauf gegen Ende der 80er Jahre, als er Leiter der Marketing- und Forschungsabteilung bei Porsche war. In dieser Zeit gewann das von Porsche mit Motoren belieferte Formel-Eins-Team den Titel in drei von vier Jahren. Dudenhöffer wollte wissen, warum gerade US-Bürger, die in den meisten Bundesstaaten nicht schneller als 89 Stundenkilometer fahren dürfen, so versessen auf den superschnellen Porsche 911 waren. Das Modell beschleunigt in 4,2 Sekunden von null auf 100. „Die Antwort lag in der Psychologie“, sagt Dudenhöffer. Die Überlegung der Kunden ging in etwa so: „Ich weiß, dass ich das beste Auto der Welt habe und mein Nachbar weiß es auch." Zwar hat der Ruhm seinen Preis. Schätzungen zufolge belaufen sich die Ausgaben von 130 Millionen Euro für das kleinste Formel-Eins-Team bis zu 400 Millionen Euro für die Spitzenmannschaften. Doch neben den jährlichen Umsatzzahlen – 47,71 Milliarden Euro bei Mercedes-Benz oder 38,46 Milliarden bei BMW – verblassen solche Beträge. Trotzdem suchen die Firmen nach Wegen zur Kostensenkung. „Es ist ein teurer Sport“, sagt Toyota-Sprecher Guy Basyn. Genaue Zahlen zu den Ausgaben von Toyota will er nicht nennen, doch die von Fachleuten geschätzten 400 Millionen Euro würden nicht erreicht.

Am Rande eines der vergangenen Grand-Prix-Wochenenden am Hockenheimring gaben BMWs Motorsportchef Mario Theissen und der ehemalige Formel-Eins-Star Gerhard Berger zu erkennen, was den Sport so teuer macht: Die Bereitstellung der Hochleistungsmotoren ist ein Faktor. Zu jedem Grand Prix hält das Team BWM Williams zehn Triebwerke bereit, um das Rennen und mögliche Ausfälle abzudecken. „Ein Motor hält nicht länger als ein Rennen“, sagt Theissen. Durch den Leistungsdruck müssen die Fahrzeuge ständig weiterentwickelt werden, jedes Jahr baut man ein neues Auto. Hinzu kommen enorme Reisekosten. Zu jedem Rennen fliegt BMW Williams ein 75-köpfiges Team samt etlicher Tonnen Ausrüstung.

Trotz allem, das Formel- Eins-Abenteuer lässt sich direkt verwerten: Die Hochtechnologie der Rennwagen findet sich nach einiger Zeit in der Serienproduktion wieder, argumentieren die Automobilhersteller. „Wenn man heute auf die Straße schaut, kommt alles von den Rennwagen“, sagt Guy Basyn von Toyota. „Irgendwann in der Zukunft wird es jeder in seinem Auto vorfinden.“

Hier kann Mario Theissen von BMW nur zustimmen, besonders mit Blick auf den sportlichen BMW M3: „Von den Rennwagen lässt sich viel mehr übernehmen, als man denkt."

Übersetzt und gekürzt von Karen Wientgen (Mobilcom), Tina Specht (Formel Eins), Christian Frobenius (Rauch), Svenja Weidenfeld (Brasilien) und Matthias Petermann (Anschuldigung).

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