zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Auf die weißblaue Feuerwehr ist Verlaß

MÜNCHEN .In der Oberpfalz traf Edmund Stoiber einen guten Bekannten.

MÜNCHEN .In der Oberpfalz traf Edmund Stoiber einen guten Bekannten.Als der Ministerpräsident Bayerns jüngst das verspätete "Wunder von Wackersdorf" feierte, fehlte auch BMW-Chef Bernd Pischetsrieder nicht.Schließlich hat die Münchener Autoschmiede in der strukturschwachen Region 300 Mill.DM in einen Industriepark investiert, damit dort zehn Jahre nach dem Aus für die Wiederaufarbeitungsanlage bald 2000 Jobs entstehen.Arbeitsplätze, freuten sich kommunale Wirtschaftsförderer, "die wir auf dem Silbertablett serviert bekommen haben".

Vor den Karren der weißblauen Wirtschaftspolitik lassen sich Bayerns Unternehmer und Konzernbosse eben recht bereitwillig spannen.Denn das "kapitalistische" Leistungs- und Gegenleistungsprinzip wird nirgendwo sonst so hochgehalten wie südlich des Weißwurstäquators.So sind denn auch die BMW-Oberen der regierenden Staatspartei bis heute dafür dankbar, daß sie ihr Unternehmen Anfang der sechziger Jahre - wider die reine marktwirtschaftliche Lehre - mit Subventionen vor der Pleite bewahrt hat: In Bayern hilft man sich halt gegenseitig aus der Patsche.Greifen in Krisenfällen die sanften Mittel der staatlichen Strukturpolitik nicht richtig, steigen auch feinste Adressen mit ins Rettungsboot.Neben der halbstaatlichen Bayerischen Landesbank zählt dazu immer häufiger auch die Bayerische Vereinsbank, der die Stoiber-Administration die Fusion mit der Hypo-Bank zum steuerlichen Nulltarif beschert hat.

Mit freundlicher Unterstützung von Siemens-Chef Heinrich von Pierer, der früher für die CSU im Erlanger Stadtrat saß, entwiêkelt die Staatsregierung derweil Rezepte für den Aufbau dieser fränkischen Region zum "medical valley" Europas.Den Aufsichtsrat des Münchener Mischkonzerns Viag AG, an dem der Freistaat nach wie vor ein Viertel der Anteile hat, führt neuerdings Burkhard Wollschläger an.Nebenbei ist der Ex-Vorstandschef der einstigen Rüstungsschmiede Krauss-Maffei für die Sanierung des Sorgenkinds Grundig zuständig.

Der Fürther Hersteller von Unterhaltungselektronik ist ein gutes Beispiel für die vielen Hilfen des Freistaats an notleidende Betriebe.Überall dort, wo es in Stoibers Amtszeit lichterloh brannte, rückte alsbald die weißblaue Feuerwehr an.Als Löschwasserträger stand dabei CSU-Wirtschaftsminister Otto Wiesheu im Dauereinsatz.Die Liste der spektakulären Sanierungsfälle ist lang: Der Porzellanhersteller Hutschenreuther zählt ebenso dazu wie der Werkzeugmaschinenbauer Maho-Deckel oder die Schneider Rundfunkwerke AG.

Wiesheu greift dabei gern auf die Schatztruhe des Freistaats zurück: die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA), wo der Minister dem Verwaltungsrat vorsitzt.Das öffentlich-rechtliche Institut ist für Wiesheu wie "ein Nagel, den man in die Wand schlagen kann".Daran läßt sich dann trefflich eine "bayerische Lösung" aufhängen.

Die Bilanz stimmt.Schon die Arbeitslosenquote von zuletzt 6,3 Prozent ist ein Pfund, mit dem sich im Wahlkampf wuchern läßt.In der boomenden Flughafenregion im Norden Münchens herrscht sogar fast wieder Vollbeschäftigung.Da bleibt der Opposition nur der Hinweis auf das starke regionale Gefälle, das sich beispielsweise im altindustriell geprägten Raum Nürnberg in einer Erwerbslosenquote von 8,9 Prozent ausdrückt.Doch auch die SPD kann nicht leugnen, daß der Motor in Bayern wieder kräftig brummt.Im ersten Quartal 1998 wuchs die Wirtschaft um etwa vier Prozent.Die Finanzpolitik nach dem Motto "Sparen und investieren" hat dafür gesorgt, daß die Pro-Kopf-Verschuldung mit 3073 DM nur halb so hoch ist wie im Bundesschnitt.Dagegen überragt die Investitionsquote mit 17,5 Prozent die anderen Länder um Längen.

Die Bayern danken es Stoiber mit großer Zustimmung, daß der Rest der Republik sie mittlerweile zum Vorbild auserkoren hat.Der Regierungschef wird nicht müde, das Selbstbewußtsein der Bevölkerung im Land von Laptop und Lederhose weiter zu stärken.Schon verkündet der Prophet der Moderne, daß der Freistaat nach einem Wahlsieg im Herbst und dem Einsatz von weiteren zwei Mrd.DM aus dem Verkauf von Viag-Anteilen endgültig in der globalen Champions League der Spitzentechnologie spielen werde.

JÜRGEN FISCHER (HB)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false