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Natur zwischen Neubauten.

© dpa

AUF EINEN BLICK: Am 15. Juli ist Bewerbungsschluss Großer grüner Kühlschrank

Parks wie das Tempelhofer Feld sorgen in Metropolen für ein prima Klima. Das lernt man im Masterstudiengang Stadtökologie

STADTÖKOLOGIE –

URBAN ECOSYSTEM

SCIENCES

Hochschule:

Technische

Universität Berlin

Voraussetzungen: Bachelorabschluss in Umweltwissenschaften, Planungswissenschaften oder Naturwissenschaften. Der Studiengang ist zulassungsbeschränkt, die Plätze werden in einem Auswahlverfahren vergeben.

Bewerbung: bis 15. Juli

Abschluss: nach vier

Semestern mit dem Master of Science.

Kosten: Der Master ist nicht gebührenpflichtig und kann mit Bafög finanziert werden.

Im Internet:

www.planen-bauen-umwelt. tu-berlin.de/menue/

studium_ und_lehre/studiengaenge/stadtoekologie

Auch zwei Masterstudiengänge an der Berliner Humboldt Universität (HU) beschäftigen sich mit ähnlichen Themen:

GEOGRAPHIE

DER GROSSSTADT

Inhalt: Der Studiengang, der mit dem Master of Arts abschließt, hat einen sozialwissenschaftlichen Ansatz und stellt den Menschen in der Stadt ins Zentrum der Lehre – und damit Themen wie Demographie, Zuwanderung und Stadtregionale Vernetzung.

Voraussetzungen: berufsqualifizierender Abschluss in Geographie oder einem inhaltlich benachbarten Fach an einer Universität

Im Internet:

www.geographie.hu-berlin. de/lehre_studium/studiengaenge/master_human

PHYSISCHE GEOGRAPHIE VON MENSCH-UMWELT-

SYSTEMEN

Inhalt: Der zweite Master „Geographie der Großstadt – Physische Geographie Umwelt und Natur in metropolitanen Räumen“ hat auch eine naturwissenschaftliche Herangehensweise. Er wird jedoch zum Herbst umgestellt: Unter dem neuen Titel „Physische Geographie von Mensch-Umwelt-Systemen“ (Master of Science) geht es nicht mehr nur um die Stadt, sondern auch um regionale und globale Zusammenhänge. Laut Uni gut geeignet für Auslandsaufenthalte.

Im Internet:

www.geographie.hu-berlin. de/lehre_studium/

studiengaenge/

master_physisch Vio

Ein kühles Getränk im Biergarten nach Feierabend, langes Sitzen in der Dämmerung auf dem Balkon: Der Sommer steht vor der Tür und lädt dazu ein, die lauen Abende im Freien zu genießen. Doch was uns bei moderaten Temperaturen so viel Freude bereitet, kann schnell umschlagen, und viel zu warme Nächte können zur Qual werden. Besonders in der Stadt speichern die Gebäude die Hitze und Energie sonniger Tage und geben diese während der Nacht wieder ab. In Charlottenburg wurden teilweise mehr als zehn Grad höhere Temperaturen gemessen als im Grunewald.

Gerade nachts sind wir hilflos der Hitze ausgesetzt, können nicht an Seen, in Schwimmbäder oder in kühle Parks flüchten, um uns zu erfrischen. Das kann zu Wärmebelastung und im Extremfall zu Hitzestress führen. „Hitzestress entsteht nicht nur durch hohe Lufttemperaturen, sondern auch durch hohe Luftfeuchtigkeit, durch fehlenden Wind und vor allem durch Sonnen- und Wärmestrahlung“, erklärt Dieter Scherer, Leiter des Fachgebiets Klimatologie am Institut für Ökologie der Technischen Universität (TU) Berlin.

Wie man solchen klimatischen Problemen in der Stadt entgegentreten kann, lernen Studenten im naturwissenschaftlich basierten Masterstudiengang Stadtökologie – oder „Urban Ecosystem Sciences“ – der TU. „Ein Lösungsansatz ist beispielsweise eine ausreichende Begrünung der Stadt. Und dass Gebäude so gestaltet werden, dass sie Energie schneller wieder abgeben oder erst gar nicht erst speichern“, erklärt Scherer. Entscheidend seien Materialien, Farben und Formen der Häuser, aber auch Fassaden- und Dachbegrünung.

Doch bei dem interdisziplinär ausgerichteten Masterstudiengang geht es nicht nur um das Klima in der Stadt. Auch Energie- und Wasserversorgung, Müllabfuhr, Verkehr und Schwermetallbelastungen im Boden sind wichtige Themen. So sind auch die Inhalte des Studiums sehr breit gefächert, und Module wie Umweltchemie, Ökotoxikologie, Bodenökologie und Grünflächenmanagement stehen auf dem Programm. Zukünftig werden weltweit mehr als 60 Prozent der Menschen in Städten leben – was vielfältige Probleme zur Folge hat. „Sie können nicht von einer Fachrichtung allein gelöst werden“, sagt Martin Kaupenjohann, Leiter des Fachgebietes Bodenkunde an der TU Berlin. Eine Zusammenarbeit der unterschiedlichen Disziplinen sei eminent wichtig.

Viele der Studienprojekte beschäftigen sich mit Berlin, so zum Beispiel das Seminar „Urbane Vegetationsökologie“, für das die Studenten Feldforschung im Tempelhofer Park betreiben und dort die Vegetation untersuchen. Mit dem Bestimmungsbuch in der Hand gehen sie auf dem ehemaligen Flughafen der Frage nach, welche Pflanzen und Tiere auf einem Gelände wachsen und leben, das nie bebaut wurde.

Auch die positiven Auswirkungen der Anlage auf das Klima der Stadt werden thematisiert. „Das Tempelhofer Feld ist eine wichtige Kälteinsel für Berlin und wirkt kühlend auf die Umgebung“, erklärt der angehende Stadtökologe Martin Schlecht. Gerade für die Praxisprojekte des Studiengangs, die vorwiegend im Sommersemester stattfinden, kann sich der 27-Jährige begeistern. Auch seiner Kommilitonin Nina Kruse geht es so. „Man lernt die eigene Stadt ganz neu kennen“, sagt die 24-Jährige, und Martin Schlecht fügt hinzu: „Mir ist es manchmal schon fast zu Berlin-lastig, denn gerade in Mega-Städten wie Mexico City sieht man ja erst richtig schwerwiegende Probleme der Urbanisierung.“ Doch Professor Dieter Scherer erklärt, dass die deutsche Hauptstadt als Anschauungsobjekt durchaus Sinn mache: „Wir nehmen Berlin als Untersuchungslabor, erforschen hier die Probleme der Stadt und übertragen unsere Ergebnisse dann auf Städte, die weitaus größere Probleme haben.“ Und so ist der Studiengang auch international ausgerichtet, viele Seminare werden in Englisch unterrichtet.

Studentin Nina Kruse hat zuvor einen Bachelor in Umweltwissenschaften in Lüneburg gemacht, Martin Schlecht Kommunikationswissenschaften und Geographie in Wien studiert. Die beiden sind damit aber nicht unbedingt repräsentativ für alle Studierenden. „Viele haben vorher Landschaftsarchitektur studiert“, erklärt Nina Kruse.

In ihrem Masterprojekt beschäftigen sie und Martin Schlecht sich mit der landwirtschaftlichen Nutzung von Flächen in der Stadt – und damit auf engstem Raum. „Vertical farming“ nennt man die Methode, bei der der Anbau auf mehreren Etagen übereinander stattfindet.“Die Herausforderung ist natürlich, dass man ausreichend Licht und Wasser an die Pflanzen bringen muss“, sagt Martin Schlecht.

Bei der Ideenfindung sind den Studenten keine Grenzen gesetzt. „Wir haben sehr viel Freiraum für ungewöhnliche und sogar auch utopische Denkansätze und können ganz kreativ sein. Das macht sehr viel Spaß“, so Nina Kruse. Professor Martin Kaupenjohann will gerade solche kreativen Denkansätze fördern. „Wir wollen keine Studenten ausbilden, die nach Schema F vorgehen, sondern solche, zu ganz neuen Lösungen kommen, die die Stadt grüner, diverser und attraktiver machen.“ Eine solche Lösung ist zum Beispiel die Übertunnelung der Stadtautobahn in Berlin-Britz mit einer Parkanlage. Aus einer belastenden Lärmquelle ist so eine grüne Oase für die Anwohner geworden.

Der Studiengang Stadtökologie ist vor allem forschungsorientiert, Absolventen können also eine Promotion anschließen und weiter im universitären Rahmen an stadtökologischen Themen forschen. Die Aussichten dafür sind gut. „Wir haben Promotionsstellen, die wir teilweise nicht adäquat besetzen können“, so Martin Kaupenjohann. Aber auch zur Lösung praktischer stadtökologischer Probleme werden Absolventen des Studiengangs gebraucht, beispielsweise in der Stadtverwaltung und bei Umweltämtern.

Auch eine selbstständige und beratende Tätigkeit ist denkbar. Absolventen des Masterstudiengangs gibt es bisher keine – und damit auch noch keine Erfahrungswerte, wie die Berufsaussichten sind. Aber „die zunehmende Urbanisierung der Welt und die damit verbundenen Probleme können nur zusammen mit sehr gut ausgebildeten Experten in diesem Bereich gelöst werden“, sagt Martin Kaupenjohann.

Student Martin Schlecht möchte nach dem Master gerne als Umweltberater oder Umweltjournalist arbeiten, Nina Kruse im Bereich Umweltkommunikation oder bei der nachhaltigen Stadtentwicklung. „Die verschiedenen Interessen im öffentlichen Raum unter einen Hut zu bringen, das ist ein interessantes Feld“, sagt sie. Und Martin Schlecht ergänzt: „Wir möchten dazu beitragen, das Leben in der Stadt zu verbessern und die Wahrnehmung für die Natur zu sensibilisieren.“

Viola Zech

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