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Im Streik: Ein Mitglied der Gewerkschaft Ufo

© dpa/Filas Stein

Update

Aufruf der Gewerkschaft Ufo: Flugbegleiter wollen drei Tage bei Germanwings streiken

Die Gewerkschaft Ufo ruft zum Streik über Silvester bei der Lufthansa-Tochter Germanwings auf. Geplant ist der Ausstand von Montag bis Mittwoch.

Die Kabinengewerkschaft Ufo hat die Flugbegleiter der Lufthansa-Tochter Germanwings zu einem dreitägigen Streik ab dem kommenden Montag (30.12.) aufgerufen. Der Ausstand soll bis einschließlich Neujahr dauern, teilte die Gewerkschaft am Freitag in Frankfurt mittels einer Video-Botschaft mit. Weitere Streiks bei der Lufthansagruppe werde man frühestens nach dem 2. Januar verkünden, sagte Ufo-Vize Daniel Flohr.

Die Tochter Germanwings ist laut Konzernangaben noch mit 30 Flugzeugen und 1400 Mitarbeitern, davon 800 in der Kabine, für die Nachfolgemarke Eurowings unterwegs, soll aber perspektivisch auf den Eurowings-Flugbetrieb verschmolzen werden. Einen eigenen Markenauftritt gibt es nicht mehr. Das Management gebe den Mitarbeitern keine klare Perspektive für die Zukunft ihres Flugbetriebs, erklärte Flohr. Diese Perspektivlosigkeit zeige sich auch in den Tarifthemen am Verhandlungstisch.

Offizieller Streikgrund sind Regelungen zur Teilzeit, die laut Eurowings bereits seit einem Jahr umgesetzt sind. „Der Streikaufruf ist absolut unangemessen“, erklärte ein Unternehmenssprecher. Noch am Montag habe man der Ufo eine Moderation angeboten, was abgelehnt worden sei. Der entsprechende Tarifvertrag liege unterschriftsreif vor. Allerdings hatte auch Germanwings wie der Mutterkonzern Lufthansa die Vertretungsberechtigung der Ufo-Funktionäre bezweifelt.

Nach Berechnungen des Fachportals „austrianaviation.net“ soll Germanwings an den drei Streiktagen ein knappes Drittel des geplanten Eurowings-Flugprogramms absolvieren. Gefährdet sind danach 229 von 795 Starts aus Deutschland. Bereits beim ersten Warnstreik bei vier Lufthansa-Töchtern im Oktober war die Streikbeteiligung bei der Germanwings am höchsten gewesen. Damals waren innerhalb von 19 Stunden rund 150 Flüge ausgefallen, unter anderem in Berlin-Tegel, Köln, München, Stuttgart und Hamburg.

Beide Seiten wollen umfassende Lösungen

Die Gewerkschaft hatte ihren Mitgliedern mitgeteilt, dass es über die Weihnachtsfeiertage weitere Versuche der Schlichter für kurzfristige Lösungen gegeben habe. Auch am Freitag wurde dem Vernehmen nach noch intensiv telefoniert, die Versuche sind aber wohl erfolglos geblieben.

Ein Lufthansa-Sprecher hatte am Donnerstag erklärt: „Wir als Lufthansa schauen konstruktiv nach vorne.“ Er fügte hinzu: „Wir sind weiter an einer großen Schlichtung interessiert. Streiks sind aus unserer Sicht keine Lösung.“ Die Lufthansa schaue nun auf die vorgeschlagenen Schlichtungstermine im Januar, ergänzte der Sprecher.

In dem Konflikt hat es bereits einen Warnstreik bei vier Lufthansa-Töchtern sowie einen zweitägigen Streik bei der Kerngesellschaft Lufthansa gegeben. Hier waren im November rund 1500 Flüge mit rund 200.000 betroffenen Passagieren ausgefallen.

Beide Seiten betonen immer wieder, eine möglichst umfassende Einigung mit einer Vielzahl tariflicher Themen anzustreben. Auf Grundzüge hatte man sich bereits im November bilateral geeinigt, war dann aber im gegenseitigen Misstrauen doch nicht zueinander gekommen. In der Zwischenzeit wurde Lufthansas Personalvorständin Bettina Volkens abberufen, die für einen moderateren Kurs mit der Ufo stand. Die Gewerkschaft verlangt unter anderem eine Rücknahme von Kündigungen und Klagen gegen frühere und aktuelle Vorstandsmitglieder sowie eine Aufarbeitung des heftigen Konflikts der vergangenen Monate.

Lufthansa-Vorstandsmitglied Detlef Kayser verurteilte den Streikaufruf und machte dem früheren Ufo-Chef Nicoley Baublies heftige Vorwürfe: „Hier wird offensichtlich ein Arbeitskampf missbraucht, um persönliche und finanzielle Interessen des Vorstandsbeauftragten der Gewerkschaft durchzusetzen“, erklärte Kayser am Freitag. Ufo habe sich zudem seit Wochen geweigert, die konkreten Forderungen Baublies' mitzuteilen.

Service für betroffene Passagiere

Welche Rechte habe ich bei einem Streik?
Grundsätzlich gilt: Fällt ein Flug streikbedingt aus oder verspätet er sich um mehr als drei Stunden, muss die Fluggesellschaft laut EU-Recht Reisenden eine alternative Beförderung zum Ziel anbieten. Andernfalls sollten Betroffene der Airline eine Frist zur Beschaffung der Alternative setzen - am besten per Mail.

Zwei bis drei Stunden halten Reiserechtsexperten dabei als Frist für angemessen. Kommt die Fluggesellschaft der Aufforderung nicht nach, können sich Reisende selbst Ersatz beschaffen und die Kosten an die Airline weiterreichen.

Wie wird das in der Praxis gehandhabt?
In der Regel bemühen sich Airlines, die betroffenen Passagiere umzubuchen. Außerdem bietet Germanwings, aber auch Lufthansa selbst und andere Töchter-Airlines wie bei Annullierungen von innerdeutschen Flügen immer alternativ die Nutzung von Zügen der Deutschen Bahn an. Das elektronische Ticket lässt sich online beim Abruf der Buchung oder an einem Schalter in einen Reisegutschein umtauschen.

Vom Streik betroffene Reisende der Germanwings sollten sich online über den Status ihres Fluges auf dem Laufenden halten und die Website von Germanwings auf entsprechende Informationen checken.

Welche Regeln gelten für Pauschalurlauber?
Bei Pauschalreisen gilt: Der Reiseveranstalter muss sich um eine alternative Beförderung kümmern. Ab einer Verspätung von mehr als vier Stunden am Ankunftsort können Urlauber ihren Reisepreis nachträglich anteilig mindern. Verkürzt sich ein ohnehin kurzer Urlaub durch die Streikmaßnahmen erheblich, kann der Gast die Reise auch beim Anbieter stornieren. Er bekommt dann den Reisepreis zurück.

Steht Betroffenen eine Entschädigung zu?
Der Bundesgerichtshof (BGH) befand 2012, dass ein Pilotenstreik ein außergewöhnlicher Umstand ist. Die Folge: Die von Verspätungen und Annullierungen betroffenen Passagiere bekamen keine Entschädigung (Az.: X ZR 138/11; X ZR 146/11). Jedoch muss die Fluggesellschaft alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um die Folgen des Ausstands zu minimieren.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass sich eine Fluggesellschaft bei einem wilden Streik nicht ohne weiteres auf außergewöhnliche Umstände berufen kann (Az.: X ZR 111/17). Bislang ist dieses Urteil jedoch nicht unbedingt auf reguläre Streiks übertragbar - das muss der EuGH noch klären.

Die Verbraucherzentralen raten: Wer vorsorglich Entschädigung beantragt, hat im Fall einer für Verbraucher positiven Entscheidung dieser Frage eine gute Ausgangslage, Geld zu bekommen. (dpa, AFP)

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