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Wirtschaft: Aufschwung bringt noch keine Stellen

Im Februar wieder fünf Millionen Menschen ohne Job – die Arbeitsagentur glaubt trotzdem an die Wende

Berlin/Nürnberg - Nach einem gebremsten Anstieg der Winterarbeitslosigkeit im Februar erwartet die Bundesagentur für Arbeit (BA) auch für das Gesamtjahr eine spürbare Entspannung auf dem Arbeitsmarkt. Die BA rechne inzwischen für 2006 nur noch mit einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 4,6 bis 4,7 Millionen, teilte der Vorstand am Dienstag mit. Bisher war die BA von einer jahresdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 4,8 Millionen ausgegangen.

Im Februar ist die Zahl der Erwerbslosen lediglich um 36 000 auf 5,048 Millionen gestiegen – und damit schwächer als im Durchschnitt der vergangenen vier Jahre. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Arbeitslosenzahl um 241 000. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Punkte auf 12,2 Prozent. Bereinigt um jahreszeitliche Sondereffekte ging die Zahl der Erwerbslosen um 5000 auf 4,695 Millionen zurück, berichtete die BA. „Auch wenn die Arbeitslosigkeit weiterhin über fünf Millionen liegt – diese jahreszeitliche Entwicklung ändert nichts an unserer optimistischen Grundeinschätzung“, kommentierte Weise die Zahlen.

In Berlin sank die Arbeitslosenzahl um 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 313 620 Arbeitslose. Die Quote lag damit bei 18,7 Prozent, im Januar betrug sie noch 18,6 Prozent. In der Region Berlin-Brandenburg insgesamt ist die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Januar leicht angestiegen. Im Februar waren 570 595 Erwerbslose gemeldet. Das waren 6864 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich im Monatsvergleich um 0,2 Prozentpunkte auf 18,9 Prozent. Im Februar 2005 lag sie bei 20,1 Prozent.

Auch Vertreter der Bundesregierung gaben sich zuversichtlich. Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) wies daraufhin, dass der bundesweite Anstieg deutlich geringer ausgefallen sei als sonst in einem Februar. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sprach von einem „Signal der Hoffnung“. Dennoch muss die schwarz-rote Bundesregierung nach Einschätzung der BA auch im März damit rechnen, dass die Zahl der Arbeitslosigkeit über der Fünf-Millionen-Grenze verharrt. Letztlich hänge dies davon ab, wie hart der Spätwinter im März ausfalle. Das ändere jedoch nichts an der insgesamt optimistischen Einschätzung, sagte der BA-Chef. Weise stützt seine Zuversicht unter anderem auf das wachsende Angebot offener Stellen. Im Februar hätten die Arbeitsagenturen bundesweit 647 000 freie Jobs registriert und damit fast ein Viertel mehr als im Jahr zuvor.

Allerdings seien 136 000 davon öffentlich gefördert; darunter seien auch viele Ein-Euro-Jobs. Ohne diese so genannten Arbeitsgelegenheiten wäre die Zahl der Erwerbslosen im Februar um rund 252 600 höher ausgefallen.

Zudem scheine der Stellenabbau allmählich die Talsohle erreicht zu haben, betonte Weise. In der Debatte um die von der Bundesregierung für 2007 geplante Verringerung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um einen Prozentpunkt schließt der BA-Vorstand Kürzungen bei den Zuschüssen für arbeitslose Existenzgründer nicht mehr aus. Die für 2006 und 2007 erwarteten Überschüsse im BA-Haushalt reichten allenfalls für eine Beitragssenkung von 0,75 Prozentpunkten aus, rechnete Weise vor. „Uns fehlen noch etwa 1,8 Milliarden Euro.“ Ein Teil davon könnte durch Kürzungen bei Ich-AGs aufgebracht werden.

Müntefering rief die Wirtschaft zur Schaffung neuer Arbeitsplätze auf. „Es muss mehr Arbeit her in Deutschland“, sagte er. Die Bundesregierung werde die Politik der Wachstumsförderung, der Reformen der sozialen Sicherungssysteme und der Arbeitsmarktreformen „konsequent weiter verfolgen und umsetzen“. Erkündigte Vorschläge an, um die Beschäftigungschancen für gering Qualifizierte, Jüngere unter 25 und ältere Arbeitnehmer zu verbessern.

Kritik kam von Gewerkschaften und Opposition. Die Februar-Zahlen vom Arbeitsmarkt ließen keine Zeichen einer Besserung erkennen, betonte etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). „Besonders dramatisch ist die Entwicklung der sozial versicherten Arbeitsverhältnisse“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle sagte: Von einem Merkel-Aufschwung sei „nichts zu sehen“. Tsp

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