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Wirtschaft: „Aufschwung für alle“

Wirtschaftsminister Glos rechnet mit noch mehr neuen Jobs und verspricht Rekorde. Doch in der Wirtschaft wächst die Skepsis

Berlin - Der Wirtschaftsaufschwung wird nach Einschätzung der Bundesregierung 2008 für den höchsten Beschäftigungsstand seit Bestehen der Bundesrepublik sorgen. 40 Millionen Menschen dürften dann eine Arbeit haben, prognostizierte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Donnerstag in Berlin, als er die Konjunkturprognose der Koalition vorlegte. Für dieses Jahr setzte er seine Erwartungen von 2,3 auf 2,4 Prozent Wachstum herauf, für das kommende senkte er sie indes von 2,4 auf 2,0 Prozent.

„Wir sind auf dem Weg zu einem Aufschwung für alle, nicht nur für wenige“, urteilte Glos. Erstmals seit zehn Jahren werde die Arbeitslosigkeit 2008 unter die Marke von 3,5 Millionen sinken. Das wären 295 000 weniger als in diesem Jahr. Zum Jahresende sei sogar ein Stand von 3,3 Millionen möglich. Anders als früher sinke die Zahl der Jobsuchenden in guten Zeiten nun stärker, als sie zuvor in schlechten gewachsen sei.

Als Gründe für das gedämpfte Wachstum nannte der Minister die Krise auf den internationalen Finanzmärkten, den starken Euro und die hohen Ölpreise. Im nächsten Jahr werde sich der Export weniger dynamisch entwickeln, das Wachstum werde dann „überwiegend von binnenwirtschaftlichen Impulsen bestimmt“. Er setze auf den „Optimismus der Menschen“, sagte der Minister. Es gebe jedoch keinen Grund, deshalb die bisherige Haushaltsplanung zu ändern. „Der Aufschwung geht weiter, unsere Konjunktur ist stabil.“ Dennoch gehe der Zuwachs bei den Investitionen von elf auf sechs Prozent zurück. Beteiligt daran sei zu einem guten Teil die Bauindustrie, sagte Glos. Beim Wohnungsbau allerdings seien besorgniserregende Rückgänge zu beobachten. Man müsse aufpassen, dass man diesen Trend nicht durch allzu hohe Umweltauflagen weiter verstärke. „Bei aller Sympathie für die großen Ziele: Wir müssen sehen, dass Wohnraum weiterhin erschwinglich bleibt.“

Mit ihrer Prognose ist die Regierung etwas vorsichtiger als die führenden Wirtschaftsinstitute. Diese hatten vergangene Woche ein Plus von 2,6 Prozent im laufenden und 2,2 Prozent im nächsten Jahr vorhergesagt. „Wir glauben, dass wir damit auf der sicheren Seite sind“, sagte Glos. Es gehe nicht darum, Pessimismus zu verbreiten. Auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) warb für Zuversicht. „Über zwei Prozent hätten wir uns vor ein paar Jahren einen Kuchen gebacken vor lauter Freude“, sagte er im Bundestag.

Anders als Bundesbank-Präsident Axel Weber sieht Wirtschaftsminister Glos keine Gefahr für stabile Preise. Die Regierung rechne mit einer Inflationsrate von 2,1 Prozent, dies sei „nicht alarmierend, weil es nicht von Dauer ist“. 2008 werde die Preissteigerung wieder geringer ausfallen. Weber hatte kürzlich im Tagesspiegel-Interview gesagt, die aktuelle Teuerungsrate sei „beunruhigend“. Glos warnte derweil davor, die eingeleiteten Reformen zurückzudrehen. „Es darf jetzt keine Politik der ruhigen Hand geben.“ Vor allem sollten die Lohnnebenkosten weiter gesenkt werden – der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung etwa auf „mindestens 3,5 Prozent, wenn möglich noch darunter“. Und auch bei der Pflegereform müsse man darauf achten, das Ziel einer Sozialabgabenquote von weniger als 40 Prozent nicht zu gefährden.

Auf eine schwächere Konjunktur deuten auch die Daten zum Ifo-Geschäftsklima für den Oktober hin. Der wichtigste Stimmungsindex der deutschen Wirtschaft gab zum fünften Mal in Folge nach und sank von 104,2 Punkten im Vormonat auf 103,9 Punkte. Das Münchner Ifo-Institut ermittelt ihn durch regelmäßige Umfragen bei 7000 Unternehmen. Experten hatten zuvor zwar mit weniger guten Werten gerechnet, sehen aber nun keinen Anlass zur Sorge. „Das Ergebnis spricht für eine Fortsetzung des Aufschwungs, allerdings mit nachlassender Dynamik“, kommentierte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Die Firmen beurteilten ihre gegenwärtige Geschäftslage etwas schwächer, die Zukunftserwartungen blieben indes unverändert.

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